Rechtsfragen 2: Plagiate und Transparenz

von Stefan Evertz am 15.03.06 um 8:42 Uhr |

Ralph Segert berichtete Ende Februar über einen eigenartigen Fund (siehe auch segert.net/weblog):

Heute möchte ich eine Firma vorstellen, die anscheinend das Plagiieren von Websites aus dem FF bescherrscht und die Rechtsberatung gleich im Haus hat. Gemeint ist die Unternehmens- und Rechtsberatung Rechtsanwälte-MV. Sie hat die Website unseres Kunden Thomas Paul Zahntechnik kopiert, der das durch Zufall entdeckt hat.

Die Screenshots – ebenso wie mein persönlicher Eindruck – zeigten erschreckende Ähnlichkeiten mit dem ursprünglichen Entwurf. Zum Teil waren in der Fußzeile sogar noch die Kontaktdaten des Kunden zu sehen.

Ralph Segert entschied sich dann, zunächst einen eher informellen Kontakt einzuleiten – wenn auch per Einschreiben und leider ohne Erfolg (siehe auch
segert.net/weblog[2]):

Die hier vorgestellte Rechtsberatung auf Plagiat? hat auf unser Einschreiben mit Annahme verweigert reagiert. So kam unser freundlicher Brief ungeöffnet zurück und das kopierte Layout unseres Kunden sowie die Bilder sind weiterhin unter dem Titel Rechtsanwaelte-MV . Rostock – Neubrandenburg – Beratung aus einer Hand zu finden.

Schnell wurde aber klar, dass man offensichtlich – trotz der verweigerten Annahme – bei besagter Rechtsberatung das „Problem“ zur Kenntnis genommen hatte, da z.B. die Fußzeilen nach und nach korrigiert wurden. Und wie in einem Kommentar berichtet wurde, ist die besagte Website nun seit gestern in einem völlig neuen Layout zu sehen.

Der Stein des Anstoßes ist somit verschwunden – das grundsätzliche Problem aber leider nicht. Wenn schon Rechtsanwälte meinen, ganze Entwürfe einfach übernehmen zu können, ohne über die entsprechenden Nutzungsrechte zu verfügen, warum sollten es dann all die Nicht-Juristen da draussen anders sehen? Die zum Teil etwas widersprüchliche Rechtslage im Hinblick auf die „Schöpfungshöhe“ von Websites ist hier ebenfalls alles andere als hilfreich.

Und es drängt sich mir noch eine weitere Frage auf: Ist die gerade in Blogs so oft praktizierte „Transparenz“ immer der beste Weg?

Gerade vor dem Hintergrund, dass auch potentielle „gegnerische Parteien“ die Beiträge und Kommentare lesen können, kann hier vorab wichtiges „Pulver“ für einen späteren Rechtsstreit verschossen werden. Es geht hier zwar nicht darum, dass man unbedingt jede Schlacht schlagen muss, die man schlagen könnte – davon profitieren in vielen Fällen ohnehin nur die Anwälte. Gerade im genannten „Fall“ scheint der potentielle Beklagte durch die öffentliche Kommunikation frühzeitig seinen Fehler bemerkt und entsprechend reagiert zu haben, ohne dass Gerichte beteiligt waren. Wie aber die versuchten Abmahnungen gegen Foren- und Blogbetreiber zeigen, birgt eine solche Form der Öffentlichkeit auch Risiken.

Letztendlich glaube ich schon, dass die „Transparenz“ ein wichtiges, wenn nicht sogar zentrales Element der Blogosphäre darstellt, wie z.B. die „Fälle“ Werbeblogger / Shopblogger zeigen. Ich bin aber auch sicher, dass jeder, der zur wachsenden Gruppe der rechtlich belangten (oder zumindest „bedrohten“) Blogbetreiber gehört, über diese Transparenz weit weniger glücklich ist 🙁

(via www.werbeblogger.de)