BarCamp & Unternehmen: Warum Unkonferenzen lohnen

von Stefan Evertz am 07.07.13 um 18:42 Uhr |

the ultimate barcamp logo collection In den letzten 6 Jahren habe ich etwa 20 BarCamps und ThemenCamps in Deutschland organisiert (und bislang an knapp 60 BarCamps teilgenommen). Bei der Orga habe ich nicht nur über 3000 TeilnehmerInnen „erreicht“, sondern auch in vielen Gesprächen und Sessions über den Status Quo, das Potential und auch die Zukunft der BarCamps diskutiert.

Gerade bei Unternehmen und Organisationen wächst dabei offensichtlich zunehmend das Interesse, sich auch auf das lohnenswerte Experiment „BarCamp“ einzulassen – sei es als Teilnehmer, als Sponsor oder sogar als Gastgeber (auch für ein internes BarCamp). Dabei bleibt die größte Herausforderung, das Engagement im Rahmen eines BarCamps bzw. ThemenCamps auch intern im Unternehmen zu verargumentieren. Denn auch wenn die Vorteile dieser Veranstaltungsform für erfahrene Teilnehmer klar auf der Hand liegen, bleibt es doch schwierig, diese Vorteile Format auch den noch nicht mit dem Format vertrauten Menschen zu vermitteln. Da ich regelmäßig Anfragen bekomme (sowohl für interne BarCamps als auch für potentielle Sponsoren, die noch Argumente für die internen Stakeholder suchen), lag es irgendwann nahe, hier mit der Entwicklung einer Präsentation zu starten.

Die folgende Präsentation habe ich für eine Session im Rahmen des TweetCamp 2013 in Köln zusammengestellt und sie sollte dabei als erste Gedankenskizze und Diskussionsgrundlage dienen – daher auch die Version 0.8 😉

Die Präsentation und die Argumentationskette sind ein erster Entwurf – und ich freue mich sehr über Anmerkungen, Ergänzungen und natürlich gerne auch Kritik. Wir sehen uns hoffentlich in den Kommentaren 😈

15 Gedanken zu „BarCamp & Unternehmen: Warum Unkonferenzen lohnen

  1. Susanne Reuter

    Ein sehr guter und notwendiger Vorstoß. Formate wie dieses werden schon seit vielen Jahren unter anderer Bezeichnung vor allem von systemischen Beratern und Prozessbegleitern angewendet. Das BarCamp folgt dabei im Grunde der Open-Space-Methode. Ganz wesentliche Aspekte, die Systemtheoretiker in den Fokus stellen, werden dabei lebendig: die Selbstorganisationskräfte des Systems und die Aktivierung des informellen Wissens, Partizipation (Querschnittsbeteiligiung auf Augenhöhe über alle Hierarchien hinweg) und das Feuer großer Gruppen. Diese „Schätze“ sind rieisg, daher quasi unbezahlbar. Und alle Aspekte zeichnet aus, dass sie nicht mechanistisch gehoben werden können. Es braucht also einen Prozess mit diesem speziellen Charakter.
    Aber bei aller Euphorie (ich bin leidenschaftliche Großgruppenmoderatorin u. a. mit BarCamp-Erfahrung) gilt es eine ganz wesentliche Herausforderung zu meistern: Das follow up! Wie werden die Erträge gesichert, wie wird anschließend mit den Ergebnissen weitergearbeitet, wie entwickeln sich die Ansätze von Selbstorganisatieon und Einbringen kollektiven Wissens in dem Unternehmen weiter (Getsaltung des Kulturchange)? Wenn ein BarCamp oder eine andere systemische Geroßgruppenveranstaltung nur als One-Hit-Wonder und Eintagsfliege, als Alibi für angebliche Partizipation hergenommen wird, wirkt sie absolut kontraproduktiv. Die Folge ist Demotivation und Vertrauensverlust bei den MitarbeiterInnen, das wird teuer…

    1. Stefan Evertz Beitragsautor

      In meinen Augen sind BarCamps vor allem prozessorientiert, während ein Open Space sehr viel stärker ergebnisorientiert ist. Bei einem BarCamp geht es in meinen Augen viel mehr um Impulse und Vernetzung – und da ist Dokumentation zwar weiterhin wichtig, aber eben nicht von übergeordneter Bedeutung. Insofern sind da eventuelle Mängel bei der Dokumentation auch nicht kontraproduktiv.

      1. Susanne Reuter

        Vielleicht kann man das auch so präzisieren: Der Kontext, den Sie hier herstellen ist ja der des Formates BC in Unternehmen. Und ich halte sehr viel von dem Format, wo es passt! So wertvoll diese Form der Vernetzung und des Know-How-Transfers ist, so sehr sind Unternehmen auch darauf angewiesen, handfeste Ergebnisse zu generieren, wenn sie Formate mit derart großem Ressourceneinsatz nutzen – das muss sich schlicht rechnen und zwar nachweisbar. Deshalb denke ich auch, dass es zwar unbedingt prozessorientierte Formate braucht (das ist z. B. OS schon per se), aber eben auch auswertbare Ergebnisse liefern sollte, die allerdings nicht vorgefertigt oder vorgekaut sind, sondern in diesem besonderen Raum der Selbstorganisation und des freien Flows erst entstehen können. Prozessorientierung und Ergebnisorientierung sind keine sich gegeseitig ausschließende Kriterien, sondern es kommt auf den Kontext und die Zielstellung an, wie sehr welcher der Aspekte in den Vordergrund gerückt werden müsste.

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  3. Matthias Daberstiel

    Das ein Barcamp auszeichnet, „nur Teilnehmer und keine Zuschauer“ zu haben, wage ich doch zu bezweifeln. Dafür ist das Erfahrungsgefälle und die „Angst“ sich vor Leuten, die mehr wissen könnten zu äußern, zu groß. Meine Erfahrung mit Barcamps in Deutschland ist bisher, das viele Teilnehmer doch auf Input warten und sich mit eigenem Wissen/Erfahrungen eher zurückhalten. Wäre spannend zu erfahren, wie man das auflöst. Den Netzwerkfaktor schätze aber auch ich beim Barcamp. Nur ist auch dort die Gruppengröße und damit die Anzahl (und Qualität) der Sessions nicht zu unterschätzen um eben nicht zu viele Zuhörer sondern aktive Teilnehmer in einem Raum zu haben. Berührungsängste zu überwinden, ist glaube ich ein großer Vorteil von Barcamps, wenn man sich denn darauf einlässt. Kurz es bleibt ein spannendes Konzept, das aber vom Austausch von Ideen und Offenheit lebt. Ein Zustand der in Deutschland noch nicht in dem Maße gelebt wird. Ich lasse mich aber gern weiter überraschen.

    1. Stefan Evertz Beitragsautor

      Natürlich gibt es nicht nur Teilnehmer / Sessiongeber bei BarCamps – und es bleiben immer ein paar Menschen, die mit einer Zuschauer-Rolle voll und ganz zufrieden sind (wie eben BarCamps nicht für jeden Menschen etwas sind). Ich habe aber an gut 50 BarCamps teilgenommen und bleibe dabei, dass sich BarCamps durch genau diese Offenheit und Bereitschaft zur Teilhabe und zum Austausch auszeichnen. Und „Nur Teilnehmer, keine Zuschauer“ bleibt da ein ganz zentrale Aussage.

      1. Matthias Daberstiel

        Hallo Herr Evertz,

        dem widerspreche ich auch grundsätzlich nicht. Ich sehe die Zuschauer/Teinehmer-Problematik aber eher als Ziel des BC und nicht als gegeben an. Gerade deswegen interessierte mich ja, wie man die Teilnehmer am BarCamp motiviert, um von der passiven in die aktive Rolle zu wechseln.

    2. Susanne Reuter

      Ich finde es schwierig, die Gäste eines BC quasi polarisierend in zwei Gruppen einzuteilen. Wer teilnimmt, ist zwar nicht offensichtlich Akteur, aber deshalb sicherlich nicht inaktiv und nur konsumierend. Man kann nie sagen, was er oder sie mit dem Gehörten macht. Jedenfalls kann man das nicht daran messen, in wiefern er oder sie sich hörbar in einer Session einbringt oder nicht. Ich finde, beim BC gelten die selben „Gesetze“ wie beim OS und gerade diese Durchlässigkeit ist so wichtig, also das Fehlen jeglichen Zwangs, sich für andere mit seiner Beteiligung erkennbar machen zu müssen. Die Offenheit und der freie Rahmen des BC beinhalten eben auch, dass man geschehen lassen muss, was wie auch immer geschieht. Aber das macht es eben auch schwierig, wenn man den Erfolg oder die Sinnhaftigkeit vor allem daran messen will, was sichtbar wird. Eigentlich geschieht viel mehr und viel Wichtigeres, das nicht sichtbar ist… Aber ich kann gut nachvollziehen, was du meinst.

      1. Stefan Evertz Beitragsautor

        Hmmm, die Unterscheidung Konferenz = Zuschauer, BarCamp = Teilnehmen / Teilhaben / Mitmachen ist sicherlich polarisierend, aber scheint mir schon die beiden Pole dieses Spannungsfeldes zu identifizieren. Dass es letztendlich immer viel mehr Grauzonen als schwarz-weißer Elemente gibt, ist ja ohnehin klar.

        1. Susanne Reuter

          Ja, stimmt – das ist für diejenigen klar, die sich mit den Grundprinzipien solcher Veranstaltungsformaten wie BC auskennen. Man darf meiner Erfahrung nach nicht unterschätzen, wie viele Leute aber noch genauso, also polarisierend denken. Auch wenn alle über die klassischen Konferenz-Formate stöhnen, irgendwie hat man das verinnerlicht mit dem Einer steht oben und spricht, viele sitzen unten und hören zu… Das Tolle bei prozessorientierten Formaten ist ja, dass es zwischen mindestens diesen beiden Polen oszilieren darf und auch soll! Aber in dem Kontext Ihres Blogs hier geht es ja auch darum, wie man – mit meinen Worten gesagt – eher mechanistisch und monokausal denkenden Menschen (die man noch immer zu Hauf antrifft, beonders in Unternehmen) dieses Andere nahebringt, die Brücke dazu schlägt (als Systemiker sagten wir „anschlussfähig“ ist). Für die ist das erstmal überhaupt nicht selbstverständlich…

  4. Susanne Reuter

    Sorry, aber dem muss ich widersprechen, denn das stiimmt schlicht so nicht. Wäre ein OS ergebnisorientiert angelegt, dann wäre dies eine Mißachtung seiner grundlegenden Prinzipien. Es gibt keinen wirklichen Unterschied – BarCamp ist einfach nur der modernere Name und dieses Format zeichnet momentan noch die Anfänge des OS nach, das ca. In den ausgehenden 70er Jahren aufkam. Meiner Erfahrung nach ist OS an der Stelle weiter, wo es konzeptionelle Weiterentwicklungen in Bezug auf das Follow up gibt. Und @Matthias: dazu hatte ich auch hier schon geantwortet: https://m.facebook.com/groups/250201835104752?refid=27
    @Stefan Evertz: in allem anderen stimme ich zu, das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen.

    1. Stefan Evertz Beitragsautor

      So viel ich auch vom Konzept eines OS halte, so beobachte ich doch häufig den gleichen Effekt: Bereits kurz nach Beginn verschiebt sich der Fokus in den einzelnen Gruppen immer stärker auf die Abschlusspräsentation, d.h. es geht eben weniger darum, sich einem Thema gemeinsam zu nähern, sondern eher darum, eine möglichst gute und überzeugende Präsentation zu erarbeiten – der Fokus verschiebt sich vom Prozess auf das Ergebnis.

      1. Susanne Reuter

        Das ist, so meine Ãœberzeugung, weniger eine Frage des Formates, als vielmehr eine Frage, wie der Prozess aufgesetzt und begleitet wird. Ich jedenfalls handhabe das in der Begleitung nicht so. Wenn dokumentiert wird, dann meist aus dem selbstorganisierten Interesse daran, möglichst viel für sich mitnehmen zu können, vor allem aus den Sessions, an denen man nicht teilnehmen konnte. Ich denke, was Sie hier kritisch und zu Recht anmerken hat viel mit dem Kontext zu tun, in den man das Format stellt. Meine These ist, dass Unternehmen per se darauf achten werden, dass etwas Sichtbares dabei herauskommt, mit welcher der prozessorientierten Methoden auch immer. Und meine Hypothese zu Ihrer These BC gehört in Unternehmen ist, dass wenn Sie diese Unterscheidung machen (BC offener in der Frage der Ergebnisorientierung), dass Unternehmen dann von solch extrem offenen Formaten Abstand nehmen werden. Wie gesagt, im Laufe des Einsatzes von OS-Formaten wurde der Ruf nach mehr Ergebnsiorientierung und verwertbaren Ansatzpunkten für das Follow up immer lauter – ich denke, das ist leitend, wenn Entscheider in Unternehmen über Großgruppenformate nachdenken.

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