Es hätte interessant werden können, das neue Online-Magazin „Webwatching“ (www.webwatching.info), das da gerade von Professor Bernhard Pörksen (Uni Hamburg) zusammen mit Studierenden des Hamburger Instituts für Journalistik und Kommunikationwissenschaft gestartet wurde.
Ein Blick auf www.technorati.com/search/webwatching zeigt, dass die meisten Blogs den inhaltlichen Aspekt ähnlich wie Oliver Wagner bewerten (www.agenturblog.de):
Viele spannende Interviewpartner und auch optisch grundsätzlich ein sehr ansprechender und reduzierter Ansatz.
Alles also durchaus vielversprechend, wenn da nicht die bestenfalls „eigenwillig“ zu nennende Umsetzung wäre. Die Inhalte wurden komplett auf Basis von Flash (Version 8) umgesetzt und setzen weiterhin (naturgemäß) JavaScript voraus. Der Kommentar eines Interviewpartners unter rebellmarkt.blogger.de zeigt (neben einem spannenden geschlechtsspezifischen Aspekt), dass das Umsetzungskonzept offenbar vorab nicht transparent gemacht wurde:
Aber: 1. Flash. Das ist schon schlimm. Und:
2. 19 Interviews. 19 Männer. Keine Frau.
Das ist so richtig übel.
Und auf www.spreeblick.com brachte man die Kritik sehr treffend auf den Punkt:
Denn welchen erdenklichen Grund kann es geben, ein Online-Magazin, das sich mit Texten beschäftigt, in FLASH zu machen? Wieso? Weshalb? Warum? Ja, sieht schick aus, aber das könnte es auch in html, nur dass mir das Magazin dann nicht mit einem blöden Popup den Schirm zuballern würde und dass ich die Namen der interviewten Personen nicht umständlich hätte abtippen müssen, sondern sie in diesen Artikel hätte kopieren können (vielleicht hätte ich dann alle genannt?).
Lassen wir nun mal kurz medientypische Aspekte eines solchen Online-Magazins wie z.B. „kopieren“, „zitieren“ oder „verlinken“ aussen vor, die eine weitere Verbreitung des Magazins und seiner Inhalte stark erschweren dürfte. Ich jedenfalls will nicht jedesmal für ein Zitat den Umweg des PDF-Drucks gehen müssen 🙁
Da wäre dann immer noch die technisch bedingte „Reichweitenbeschränkung“. Laut der aktuellen Webhits-Statistik (www.webhits.de) haben nur 62,1 % der (erfassten) Benutzer das „Shockwave Flash“-Plugin installiert bzw. aktiviert. Bei allen Zweifeln an solchen Statistiken kann man aber durchaus annehmen, das jeder vierte oder fünfte Besucher „vor verschlossenen Türen“ steht…
Eine interessante Fragestellung entdeckte ich dann noch im Rahmen des Interviews mit Marcel Machill (Journalistik-Professor in Dortmund und Leipzig):
Nehmen wir mal an, ich wollte jetzt WebWatching auf einen Spitzenplatz in der Ergebnisliste von Google bringen. Was würden Sie mir raten?
Wir haben wissenschaftlich untersucht, was es da für Taktiken gibt. Beliebt ist immer noch die klassische Methode der Linkfarmen. Da bauen Sie andere Websites auf, von denen aus Links auf Ihre eigentliche Internetseite gesetzt werden. Der Google-Suchroboter „denkt“ dementsprechend, dass Ihre Website im Netz besonders gut verlinkt ist, und schon rutscht sie im Ranking nach oben.
Zu diesem Zeitpunkt wusste offenbar auch Marcel Machill noch nicht, wie die technische Umsetzung des Magazins aussehen würde. Ich bin zwar kein Suchmaschinen-Spezialist, aber ich gehe davon aus, dass Google das gleiche wie Lynx sieht – nämlich (fast) nichts:
Und ich gehe weiter davon aus, dass Google – Linkfarmen hin oder her – immer noch Wert auf Inhalte legt. Mit einem guten Ranking und vor allem einer umfassenden Indizierung der Inhalte bei Google dürfte das also vermutlich so schnell nichts werden.
Ich hoffe jedenfalls, dass man in Hamburg bereits auf dem Weg „zurück an die Zeichentische“ ist. Oder läuft da vielleicht wieder eine „Blog PR“-Maßnahme ab – und alles war „geplant“?
Update 02.02.06, 11:16 Uhr:
Offenbar hat man in Hamburg die vielfache Kritik gehörtgelesen – und in Windeseile eine HTML-Version erstellt. Kompliment!
Und vielleicht sollte man ich auch berücksichtigen, dass es sich hier – zumindest im Hinblick auf die Inhalte – nicht um ein Projekt von Mediendesignern oder ähnlichen Berufsgruppen handelt, sondern um ein Journalismus-Seminar mit dem Titel „Interview- und Gesprächsführung“ (siehe auch Seminarbeschreibung unter www.journalistik.uni-hamburg.de). Und die Qualität der Interviews stand ja eher wenig in Frage…
(via www.agenturblog.de, www.24stunden.de)
Update 03.02.06, 06:58 Uhr:
Eine durchaus plausible „Verschwörungstheorie“ ist unter buchmarktnews.twoday.net nachzulesen 😉
Ich glaube, hier sollte durch eine „Skandalisierung“ ein möglichst hoher Impact-Faktor in der Blogosphäre erreicht werden, was ja auch gelungen ist. Die HTML-Version der Website lag längst in der Schublade!
Die dort angedeutete „professionelle Vermarktung des Projektes“ kann man auch in der Google-Newssuche nachvollziehen, die Vorveröffentlichungen selbst auf der Tagesschau-Website auflistet: news.google.de/news?q=webwatching
(via www.spreeblick.com[2])
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