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Was an Streiks wirklich nervt

von Stefan Evertz am 24.03.13 um 18:57 Uhr |

Prankster Beamte dürfen es nicht, Arbeitnehmer der Kirchen und ihrer karitativen Einrichtungen erstaunlichwerweise auch nicht (siehe „Streik“ in der WIkipedia), bei vielen Berufsgruppen merkt man es nicht mal direkt (in Krankenhäusern, etc.), und wenn es im Flugbereich passiert, merke ich es als Viel-Bahnfahrer nur indirekt (durch Züge, die plötzlich noch mehr gefüllt und überlastet sind als sonst): Ja, ich rede von Streiks. Und einer Sache, die dabei wirklich nervt. Weiterlesen

Ohne Hebammen geht es nicht

von Stefan Evertz am 07.05.10 um 0:00 Uhr |

Den Satz „Einmal im Leben braucht jeder eine Hebamme“ kenne ich schon etwas länger – und er ist ebenso banal wie wahr. Umso bedrückender finde ich die Tatsache, dass es absehbar immer häufiger vorkommen kann, dass im entscheidenden Moment einfach keine Hebamme da ist – besonders wenn man ausserhalb der Ballungsgebiete lebt.

Etwas mehr Hintergrund liefert die Begründung der gestern gestarteten E-Petition, die nach 2 Tagen bereits fast 70% der erforderlichen 50.000 Unterschriften bekommen hat (s.a. epetitionen.bundestag.de):

Steigende Haftpflichtprämien u. unzureichende Vergütung zwingen Hebammen zum Aufgeben der Geburtshilfe. Dadurch kann die flächendeckende Versorgung nicht mehr sichergestellt werden.

[…]

1992 waren freiberufliche Hebammen zu einer Jahresprämie von umgerechnet 179 €, incl. Geburtshilfe, versichert. Durch Verzehnfachung der Prämie (2370 €) bis 2009 sank der Anteil der Hebammen, die neben Schwangerenvorsorge u. der Betreuung im Wochenbett auch Geburtshilfe anbieten, auf 23%. Mit der Steigerung der Haftpflichtprämie für das Berufsrisiko Geburtshilfe auf 3689 € ab 1.7.2010 ist absehbar, dass sich die verbleibenden Hebammen aus dem Kernbereich ihres Berufes zurückziehen.

Das Problem betrifft freiberufliche u. angestellte Hebammen. Auch Angestellte müssen aus ihrem Gehalt eine eigene Haftpflichtversicherung abschließen, weil Klinikträger zu niedrige Deckungssummen versichern. Durch Personalabbau steigt das Haftungsrisiko, weil Hebammen mehrere Geburten gleichzeitig betreuen müssen.

Ihr, die ihr diesen Artikel hier lest, habt den Erstkontakt mit einer Hebamme schon hinter euch. Aber vielleicht braucht ihr künftig selber noch mal die Dienste einer Hebamme. Oder Eure Kinder brauchen eine Hebamme. Insofern kann ich euch nur empfehlen, die Petition auch zu unterzeichnen – ich habe es gestern bereits getan.

Natürlich ist eine Unterschrift unter diese Petition nicht die Lösung der Probleme. Aber es kann ein wichtiger erster Schritt sein.

Danke für Eure Aufmerksamkeit.

Termine, Termine

von Stefan Evertz am 27.01.10 um 6:48 Uhr |

the binder
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Nachfolgend einige Termin-Tipps für die nächsten Wochen und Monate, die sich im näheren oder weiteren Sinne mit „Web 2.0“ bzw. Social Media beschäftigen – ich werde es aus zeitlichen Gründen zwar nicht nach Berlin, Nürnberg und wegen des BarCampRuhr3 auch nicht nach Frankfurt schaffen, aber vielleicht helfen diese Tipps trotzdem anderen weiter. Ich wünsche jedenfalls viel Spaß und gute (An-)Reise 😉

1. Treffen Android User Group
28. Januar (Donnerstag), Essen
Ankündigung drüben bei Guido Brombach

Berlin Social Media Week
1.-5. Februar, Berlin
Mehr Infos unter socialmediaweek.org/berlin

Treffen Zwanzig10-Blogger
4. Februar (Donnerstag), Essen
Ankündigung und Einladung

BarCamp Nürnberg 2
20.-21. Februar, Nürnberg
Infos und Anmeldung unter bcnue2.mixxt.de

4. Twittwoch Ruhrgebiet
24. Februar (Mittwoch), Essen
Anmeldung bei Xing / Ankündigung im Twittwoch-Blog

LawCamp
20. März (Samstag), Frankfurt
Informationen und Anmeldung auf www.itlawcamp.de, Ankündigung drüben bei Henning

Die Offline-Medaille

von Stefan Evertz am 27.07.09 um 12:03 Uhr |

Lights
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In den letzten Tagen bin ich über zwei lesenswerte Texte gestolpert, die sich mit den beiden Seiten der gleichen Medaille beschäftigen – der Kommunikation rund um das Zugangserschwerungsgesetz:

Im ersten Text („Fünf Irrtümer über die Piratenpartei“, futurezone.orf.at, via www.jensscholz.com) geht es (neben der Korrektur der erwähnten Fehleinschätzungen) auch um die Art und Weise, wie die Offline-Welt (im konkreten Fall „die Politiker“) versucht, die „Onliner“ zu erreichen. Und dabei scheitert:

Bei der Diskussion über das Netzsperrengesetz in Deutschland hat sich beispielhaft gezeigt, dass Menschen, die es gewohnt sind, mit Computern und Code umzugehen, mit symbolischer Politik nicht zufriedenzustellen sind. Im Netz schafft der Code die Wirklichkeit, und wenn in ihm ein Zeichen nicht stimmt, dann funktioniert er nicht. Es ist daher nicht besonders klug, einer Klientel, die unter diesen Bedingungen lebt und arbeitet, einreden zu wollen, dass Stoppschilder im Internet etwas gegen Kinderpornografie ausrichten können. Es ist noch weniger intelligent, dieser Klientel mit Umfragen und Statistiken begegnen zu wollen, die diese mittels ihrer Kompetenz im Umgang mit informationstechnischen Systemen innerhalb weniger Sekunden demontieren kann. Und es muss Menschen, die es gewohnt sind, ihre eigenen Systeme zu administrieren, zynisch vorkommen, wenn eine Regierung eine zentral verwaltete geheime Sperrliste von Internet-Adressen ausgerechnet unter dem Vorwand der Kinderpornobekämpfung durchsetzt.

Im zweiten Text, dem Editorial „Das virtuelle Volk“ der aktuellen c’t (s.a. www.heise.de), geht es um die andere Seite der Medaille – nämlich darum, dass all die Argumente und auch die Empörung der „Onliner“ nicht in die Offline-Welt vordringen – sie bzw. wir finden einfach kein Gehör:

Währenddessen sitzen die Politikdinosaurer im Café, blättern durch die Zeitung und freuen sich, wie gut das neue Gesetz beim Volk ankommt. Die Bild hat sie gelobt; Mütterchen haben sich auf der Straße bedankt, dass endlich was gegen den bösen Kinderschänder von nebenan passiert.

Im Reich der Bits und Bytes wird das Murren derweil immer lauter. 134015 Leute haben mit Name und Adresse eine Online-Petition gegen das Gesetz unterschrieben. Es hat ein Zeichen gesetzt, aber nichts geholfen. Wir müssen gegen dieses Gesetz auf die Straße gehen! Tausende, Zehntausende rufen online zum Protest auf. Ein paar Hundert versammeln sich an Ort und Stelle; der Rest drückt daheim F5 – mal lesen, wie es gelaufen ist.

[…]

Derweil sitzt im Café neben dem Politiker ein Lobbyist, dessen Augen leuchten, wenn er an die Potenziale dieses Stoppschilds denkt. Der Lobbyist verwendet einfache Sätze und spricht ganz leise. Der Politiker hört ihn trotzdem – im Unterschied zu den Abertausenden, deren digitaler Aufschrei in seiner analogen Welt nie ankommt.

Für mich war selten so konkret greifbar wie in diesen beiden Texten, wie sehr in Sachen „Zensursula“ aneinander vorbei geredet wird – und es dabei kaum noch gelingt, auch mal der Gegenseite zuzuhören.

Irgendwo in diesem Spannungsfeld zwischen diesen beiden Polen Positionen sitzt ein dickes Problem. Und es wird stetig weiter wachsen, wenn nicht beide Seiten dazulernen…

Warum ein Bloggerverband keinen Sinn macht

von Stefan Evertz am 05.02.09 um 10:29 Uhr |

Im Rahmen des demnächst stattfindenden WordCamps plant Alper Iseri eine Diskussion zum Thema „Gründung eines Bundesverbandes deutschsprachiger Blogger“ (siehe auch wordcamp.de) und hält folgende Aktivitäten für denkbar:

  • Regelmäßige Treffen zwischen den Mitgliedern organisieren und so einen Gedankenaustausch fördern.
  • Selbstverpflichtende Grundregeln verfassen, die eine Art Ethik-Richtlinie für das Bloggen darstellen könnte.
  • Große öffentlichkeitswirksame Blogpostings ihrer Mitglieder forcieren, um ein bestimmtes Thema in die breite Öffentlichkeit zu bringen.
  • Rechtsbeistand bei unklaren Fragen und Mitgliederhotline.
  • Schaffung gemeinsamer Studien zur Veröffentlichung und Generierung von Aufmerksamkeit durch die Medien.
  • Lobbyarbeit für deutschsprachige Blogger und ihre Wünsche und Anforderungen an den Gesetzgeber.
    Pressearbeit
  • Grundlagen und Informationen für Jugend- und Datenschutz

In den letzten Tagen (und durchaus aus aktuellem Anlass) hat der Gedanke mittlerweile Kreise gezogen und es kündigen sich bereits weitere Überlegungen und konkrete Maßnahmen an (siehe z.B. www.alles2null.de[1], www.alles2null.de[2], www.blog.datenwachschutz.de oder www.meetinx.de).

Gemeinsamkeit der Akteure: (Fast) keine
Alle Ãœberlegungen enthalten aber – zumindest in meinen Augen – die Annahme, dass es wirklich eine Blogger-Community gibt, die es zu bündeln gilt. In der Realität ist allerdings meines Erachtens das Gegenteil der Fall. Es gibt nicht „den“ Blogger; zu unterschiedlich sind die Motivationen (privat, beruflich, fachlich) und die Themen. Genausowenig gibt es eine „Blogosphäre“ – stattdessen gibt es eine Vielzahl von Netzwerken bzw. ansatzweise vernetzter Blogs.

Die Gemeinsamkeit der Blogger erschöpft sich in letzter Konsequenz im gleichen (bzw. ähnlichen) Werkzeug – der Verwendung bestimmter CMS-Software (wie WordPress etc.). Ein (Bundes-)Verband von Stichsägenbenutzern wäre wohl ähnlich sinnvoll…

An diesem Punkt haben sich meines Erachtens die meisten aufgelisteten Punkte leider bereits erledigt. Alle Ãœberlegungen „die Mitglieder“ oder „die Gemeinschaft“ bzw. gemeinsame Aktivitäten betreffend entbehren einer konkreten Grundlage. Und juristische Rahmenbedingungen gibt es bereits (Grundgesetz, Jugend- und Datenschutz, etc.) – so reformbedürftig sie auch sein mögen (s.u.).

Spannend finde ich dagegen den Punkt „Rechtsbeistand bei unklaren Fragen und Mitgliederhotline“. Im folgenden will ich versuchen, mir diesen Aspekt etwas näher anzusehen, wobei ich hier ein in Richtung „Rechtschutz“ erweitertes Verständnis für sinnvoll halte.

Rechtsschutz
Auf den ersten Blick ist es ein reizvoller Gedanke. Ein einzelner Blogger wird abgemahnt und kann auf einen „Topf“ (oder eben die Leistungen einer gemeinsamen Versicherungspolice) zurückgreifen, um sich gegen die Abmahnung zu wehren.

Im Detail verliert es allerdings schnell diesen Reiz. Spielen wir doch einfach mal mit ein paar Werten. Nehmen wir mal an, dass 500 Blogger im Jahr jeweils 30 EUR zahlen würden. Selbst wenn da nur 10 Prozent „Overhead“-Kosten (für die minimalen Aufwände eines solchen Verbandes für Porto, Kopien, etc.) anfallen würden, blieben für einen „Solidaritätsfond“ EUR 13.500. Ich kenne mich in Sachen „Kosten für Rechtstreitigkeiten“ überhaupt nicht aus; aus dem Bauch heraus bezweifle ich aber, dass man mit dieser Summe „im Ernstfall“ (oder gar bei mehreren Ernstfällen) allzu weit kommt – ein Rechtsschutztopf wäre also keine Lösung.

Hinzu kommt, dass vermutlich bei einem regulären Anbieter keine Rechtschutzversicherung für Blogger zu bekommen sein wird. Sven Dietrich hat bereits vor drei Jahren diverse Anfragen gestartet (siehe auch www.pop64.de/blog) – sein Fazit damals:

Es gibt keinen Versicherungsschutz im Falle einer Abmahnung.

Und ich glaube nicht, dass sich die Sicht der Versicherungsanbieter zwischenzeitlich geändert hat. Natürlich könnte eine – möglicherweise sogar DIE zentrale – Aufgabe eines solchen Bloggerverbandes darin bestehen, hier eine Veränderung zu bewirken – zumindest theoretisch. Der Teufel dürfte hier aber im Detail – konkret in den Versicherungsbedingungen – stecken.

Sorgfaltspflichten
Ich glaube nämlich nicht, dass eine derartige Versicherung bei den „üblichen“ Abmahnungsfällen (z.B. wegen irgendwelcher Kochbuch-Fotos) greifen würde. Denn auch Versicherungen sind nicht dumm. Als erstes würden sie den Versicherten umgehend gewisse Sorgfaltspflichten auferlegen. Denkbar wären hier z.B. vorab zu prüfende Urheber- und Markenrechtsaspekte und auch die Einhaltung anderer Rechtsnormen (z.B. Persönlichkeitsrechte, Impressumspflicht) dürfte hier schnell Vertragsbestandteil werden. Abmahnungen, die durch eine zu flüchtige, nachlässige oder zumindest fahrlässige Vorabprüfung „verschuldet“ wurden, wären somit sicherlich nicht abgedeckt.

Noch problematischer wäre die Abdeckung von Fällen wie der aktuellen Abmahnung der Deutschen Bahn AG gegen Markus Beckedahl. Ich finde es zwar gut, wichtig und sehr mutig, das Markus dieses Dokument veröffentlicht hat. Ich glaube aber nicht, dass die Veröffentlichung eines internen Aktenvermerks irgendwie mit den zu erwartenden Sorgfaltspflichten einer solchen Versicherung in Einklang zu bringen wäre – vor allem wenn man mal kurzfristig annimmt, das die Abmahnung zumindest teilweise berechtigt sein könnte (siehe hierzu auch die Einschätzung von Carsten Ulbricht unter www.rechtzweinull.de).

Selbst wenn man nun vom weitergefassten (und oben nahezu ausgeschlossenen) Ansatz des „Rechtschutzes“ wieder auf den ursprünglichen Gedanken des „Rechtsbeistandes“ zurückkehrt,
fliegt auch dieser Punkt leider von der Liste. Sehr schön hat das Mike Schnoor unter www.sichelputzer.de begründet:

Ich werde abgemahnt. Ich rufe an um 23 Uhr. Hotline mit Pay-via-Mitgliedsbeitrag. Was ist hier besser? Der professionelle Anwalt für Rechtsfragen, oder doch die Mitgliederhotline “Pro Blogger”? Ich gestehe, dass der professionelle Rat eines Medienexperten oder aversierten Lawbloggers wesentlich wertvoller ist. Würden durch die Mitgliedschaft im “Bloggerverband” die Gerichtskosten vom Verband übernommen werden?

Fazit
Es kann sicherlich nicht schaden, einige Grundregeln bzw. Merksätze zusammenzutragen, die ein Blogger beherzigen sollte. Möglicherweise könnte genau das auch das zentrale Ziel einer Interessengemeinschaft (oder Arbeitsgemeinschaft) sein. Und diejenigen Ressourcen, die man sonst für Formalia wie Vereinsgründung, etc., brauchen würde, wären vermutlich in einem solchen „Bloggertipps-Projekt“ besser aufgehoben.

Oder man könnte einen Teil der Energie auch in eine Petition packen, wie sie Frank Hamm unter „Pressefreiheit und Medienfreiheit: Petition an den Bundestag zur Grundgesetzänderung“ gestartet hat.

Beide Wege scheinen mir sinnvoller zu sein, als hier akute Vereinsmeierei ausbrechen zu lassen… 👿