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Warum ein Bloggerverband keinen Sinn macht

von Stefan Evertz am 05.02.09 um 10:29 Uhr |

Im Rahmen des demnächst stattfindenden WordCamps plant Alper Iseri eine Diskussion zum Thema „Gründung eines Bundesverbandes deutschsprachiger Blogger“ (siehe auch wordcamp.de) und hält folgende Aktivitäten für denkbar:

  • Regelmäßige Treffen zwischen den Mitgliedern organisieren und so einen Gedankenaustausch fördern.
  • Selbstverpflichtende Grundregeln verfassen, die eine Art Ethik-Richtlinie für das Bloggen darstellen könnte.
  • Große öffentlichkeitswirksame Blogpostings ihrer Mitglieder forcieren, um ein bestimmtes Thema in die breite Öffentlichkeit zu bringen.
  • Rechtsbeistand bei unklaren Fragen und Mitgliederhotline.
  • Schaffung gemeinsamer Studien zur Veröffentlichung und Generierung von Aufmerksamkeit durch die Medien.
  • Lobbyarbeit für deutschsprachige Blogger und ihre Wünsche und Anforderungen an den Gesetzgeber.
    Pressearbeit
  • Grundlagen und Informationen für Jugend- und Datenschutz

In den letzten Tagen (und durchaus aus aktuellem Anlass) hat der Gedanke mittlerweile Kreise gezogen und es kündigen sich bereits weitere Überlegungen und konkrete Maßnahmen an (siehe z.B. www.alles2null.de[1], www.alles2null.de[2], www.blog.datenwachschutz.de oder www.meetinx.de).

Gemeinsamkeit der Akteure: (Fast) keine
Alle Ãœberlegungen enthalten aber – zumindest in meinen Augen – die Annahme, dass es wirklich eine Blogger-Community gibt, die es zu bündeln gilt. In der Realität ist allerdings meines Erachtens das Gegenteil der Fall. Es gibt nicht „den“ Blogger; zu unterschiedlich sind die Motivationen (privat, beruflich, fachlich) und die Themen. Genausowenig gibt es eine „Blogosphäre“ – stattdessen gibt es eine Vielzahl von Netzwerken bzw. ansatzweise vernetzter Blogs.

Die Gemeinsamkeit der Blogger erschöpft sich in letzter Konsequenz im gleichen (bzw. ähnlichen) Werkzeug – der Verwendung bestimmter CMS-Software (wie WordPress etc.). Ein (Bundes-)Verband von Stichsägenbenutzern wäre wohl ähnlich sinnvoll…

An diesem Punkt haben sich meines Erachtens die meisten aufgelisteten Punkte leider bereits erledigt. Alle Ãœberlegungen „die Mitglieder“ oder „die Gemeinschaft“ bzw. gemeinsame Aktivitäten betreffend entbehren einer konkreten Grundlage. Und juristische Rahmenbedingungen gibt es bereits (Grundgesetz, Jugend- und Datenschutz, etc.) – so reformbedürftig sie auch sein mögen (s.u.).

Spannend finde ich dagegen den Punkt „Rechtsbeistand bei unklaren Fragen und Mitgliederhotline“. Im folgenden will ich versuchen, mir diesen Aspekt etwas näher anzusehen, wobei ich hier ein in Richtung „Rechtschutz“ erweitertes Verständnis für sinnvoll halte.

Rechtsschutz
Auf den ersten Blick ist es ein reizvoller Gedanke. Ein einzelner Blogger wird abgemahnt und kann auf einen „Topf“ (oder eben die Leistungen einer gemeinsamen Versicherungspolice) zurückgreifen, um sich gegen die Abmahnung zu wehren.

Im Detail verliert es allerdings schnell diesen Reiz. Spielen wir doch einfach mal mit ein paar Werten. Nehmen wir mal an, dass 500 Blogger im Jahr jeweils 30 EUR zahlen würden. Selbst wenn da nur 10 Prozent „Overhead“-Kosten (für die minimalen Aufwände eines solchen Verbandes für Porto, Kopien, etc.) anfallen würden, blieben für einen „Solidaritätsfond“ EUR 13.500. Ich kenne mich in Sachen „Kosten für Rechtstreitigkeiten“ überhaupt nicht aus; aus dem Bauch heraus bezweifle ich aber, dass man mit dieser Summe „im Ernstfall“ (oder gar bei mehreren Ernstfällen) allzu weit kommt – ein Rechtsschutztopf wäre also keine Lösung.

Hinzu kommt, dass vermutlich bei einem regulären Anbieter keine Rechtschutzversicherung für Blogger zu bekommen sein wird. Sven Dietrich hat bereits vor drei Jahren diverse Anfragen gestartet (siehe auch www.pop64.de/blog) – sein Fazit damals:

Es gibt keinen Versicherungsschutz im Falle einer Abmahnung.

Und ich glaube nicht, dass sich die Sicht der Versicherungsanbieter zwischenzeitlich geändert hat. Natürlich könnte eine – möglicherweise sogar DIE zentrale – Aufgabe eines solchen Bloggerverbandes darin bestehen, hier eine Veränderung zu bewirken – zumindest theoretisch. Der Teufel dürfte hier aber im Detail – konkret in den Versicherungsbedingungen – stecken.

Sorgfaltspflichten
Ich glaube nämlich nicht, dass eine derartige Versicherung bei den „üblichen“ Abmahnungsfällen (z.B. wegen irgendwelcher Kochbuch-Fotos) greifen würde. Denn auch Versicherungen sind nicht dumm. Als erstes würden sie den Versicherten umgehend gewisse Sorgfaltspflichten auferlegen. Denkbar wären hier z.B. vorab zu prüfende Urheber- und Markenrechtsaspekte und auch die Einhaltung anderer Rechtsnormen (z.B. Persönlichkeitsrechte, Impressumspflicht) dürfte hier schnell Vertragsbestandteil werden. Abmahnungen, die durch eine zu flüchtige, nachlässige oder zumindest fahrlässige Vorabprüfung „verschuldet“ wurden, wären somit sicherlich nicht abgedeckt.

Noch problematischer wäre die Abdeckung von Fällen wie der aktuellen Abmahnung der Deutschen Bahn AG gegen Markus Beckedahl. Ich finde es zwar gut, wichtig und sehr mutig, das Markus dieses Dokument veröffentlicht hat. Ich glaube aber nicht, dass die Veröffentlichung eines internen Aktenvermerks irgendwie mit den zu erwartenden Sorgfaltspflichten einer solchen Versicherung in Einklang zu bringen wäre – vor allem wenn man mal kurzfristig annimmt, das die Abmahnung zumindest teilweise berechtigt sein könnte (siehe hierzu auch die Einschätzung von Carsten Ulbricht unter www.rechtzweinull.de).

Selbst wenn man nun vom weitergefassten (und oben nahezu ausgeschlossenen) Ansatz des „Rechtschutzes“ wieder auf den ursprünglichen Gedanken des „Rechtsbeistandes“ zurückkehrt,
fliegt auch dieser Punkt leider von der Liste. Sehr schön hat das Mike Schnoor unter www.sichelputzer.de begründet:

Ich werde abgemahnt. Ich rufe an um 23 Uhr. Hotline mit Pay-via-Mitgliedsbeitrag. Was ist hier besser? Der professionelle Anwalt für Rechtsfragen, oder doch die Mitgliederhotline “Pro Blogger”? Ich gestehe, dass der professionelle Rat eines Medienexperten oder aversierten Lawbloggers wesentlich wertvoller ist. Würden durch die Mitgliedschaft im “Bloggerverband” die Gerichtskosten vom Verband übernommen werden?

Fazit
Es kann sicherlich nicht schaden, einige Grundregeln bzw. Merksätze zusammenzutragen, die ein Blogger beherzigen sollte. Möglicherweise könnte genau das auch das zentrale Ziel einer Interessengemeinschaft (oder Arbeitsgemeinschaft) sein. Und diejenigen Ressourcen, die man sonst für Formalia wie Vereinsgründung, etc., brauchen würde, wären vermutlich in einem solchen „Bloggertipps-Projekt“ besser aufgehoben.

Oder man könnte einen Teil der Energie auch in eine Petition packen, wie sie Frank Hamm unter „Pressefreiheit und Medienfreiheit: Petition an den Bundestag zur Grundgesetzänderung“ gestartet hat.

Beide Wege scheinen mir sinnvoller zu sein, als hier akute Vereinsmeierei ausbrechen zu lassen… 👿

Mahn ab, Bahn…

von Stefan Evertz am 04.02.09 um 7:45 Uhr |

Diana visits a steam engine in Hesston, Indiana.
Lizenz: Creative Commons License Photo: kevindooley
…auch wenn du damit vermutlich die aktuelle PR-Krise nur noch verschlimmerst und zusätzlich noch lernen wirst, was man unter dem Streisand-Effekt versteht.

Was war passiert?
Markus Beckedahl veröffentlicht am 31. Januar 2009 unter netzpolitik.org[1] das – scheinbar in vielen Medien zitierte – Memo des Berliner Datenschutzbeauftragten vom 28. Oktober 2008 (über ein Gespräch mit der Deutschen Bahn AG über die Geschäftsbeziehungen zur Network Deutschland GmbH) im Volltext sowie als PDF-Datei.

Die Abmahnung
Gestern (3. Februar) erhält Markus Beckedahl dann per E-Mail eine Abmahnung (siehe auch netzpolitik.org[2], in der er u.a. aufgefordert wird, „den Gesprächsvermerk im Wortlaut und als pdf-Datei sofort von Ihrer Homepage zu entfernen“.

Ich kann nicht beurteilen, ob die Veröffentlichung „illegal“ bzw. wirklich „abmahnfähig“ ist – als Laie habe ich da allerdings weitreichende Zweifel, die ich unter www.internet-law.de bestätigt finde. Darüber hinaus stellt sich mir die Frage, ob die Bahn überhaupt berechtigt ist, die Veröffentlichung eines Textes abzumahnen, der offensichtlich von einer dritten Partei erstellt wurde. Und ganz nebenbei scheint sich meines Erachtens durch den Unterdrückungsversuch des Aktenvermerks auch noch endgültig die „Echtheit“ des Textes zu bestätigen.

Das Netz reagiert
Neben dem vorgenannten Blogeintrag twittert Markus um 15:04 Uhr über die Abmahnung:

Brauche HIlfe: Deutsche Bahn AG schickt mir Abmahnung

Sein Tweet wird vielfach „retweetet“, d.h. von anderen Twitterern quasi wiederholt, und somit schnell weiterverbreitet. Innerhalb von 40 Minuten wird der in seinem Tweet angegebene Link über 1.500mal angeklickt (siehe auch http://bit.ly/info/yKBM; aktueller Stand: fast 4.500 Klicks). Weiterhin verlinken immer mehr Blogs auf den Artikel (siehe auch rivva.de; aktuell 77 verlinkende Blogs). Einen eindrucksvollen Ãœberblick über die Reaktionen zeigt übrigens ein Screenshot unter twitpic.com .

Etwa eine Stunde nach der Veröffentlichung schwappt die „Medienwelle“ auch in die ersten Online-Auftritte der „normalen“ Medien und verbreitet sich seitdem stetig weiter (siehe z.B. Golem, heise und Focus). Einen (ersten) Pressespiegel hat Markus unter netzpolitik.org[3] zusammengestellt – und bedankt sich dort auch für das umfangreiche Feedback und die zahlreichen Hilfs- und Unterstützungsangebote.

Was bleibt?

  • Die Erkenntnis, dass die Bahn dieses „Scharmützel“ wohl nicht gewinnen kann – und auch verlieren wird (siehe auch DB ist der neue DFB)
  • Die Beobachtung, dass sich – auch dank Diensten wie Twitter – die Verbreitungsgeschwindigkeit von Informationen noch weiter erhöht hat. Während es vor drei Jahren noch fast 1 Woche dauerte, bis die Querelen zwischen (dem damaligen Werbeblogger) Patrick Breitenbach und Heidi Klum in Spiegel Online auftauchte (siehe auch „Nächste Stufe der Sylvester-Rakete(n) abgeschossen (Update)“ und „Nächste Stufe der Sylvester-Rakete(n) abgeschossen (Update) Teil 2„), dauerte es diesmal nur noch etwa 4 Stunden, bis man über die Abmahnung unter www.spiegel.de lesen kann.
  • Die Hoffnung, dass Markus Beckedahl aus dem zu begrüßenden Versuch, die Probleme der Bahn in Sachen Datenschutz durch Transparenz (und Veröffentlichung) zu verdeutlichen, keine weiteren Probleme oder gar aufwändige Rechtsstreitigkeiten entstehen- auch wenn ihm vermutlich eine weitreichende moralische und wirtschaftliche Unterstützung sicher sein dürfte.

Wieder Kommentar-Abo per E-Mail möglich

von Stefan Evertz am 13.12.08 um 17:26 Uhr |

Zum Wochenende hin wird es ja doch meistens etwas ruhiger – selbst in der (wieder mal sehr betriebsamen) Vorweihnachtszeit. Entsprechend habe ich nun in den letzten 36 Stunden endlich wieder mal am Blog Hand anlegen können – eine der Maßnahmen hatte dabei eine längere Vorgeschichte:

Die Abmahnung an Jan Tißler wegen einer angeblichen „Spam-Mail“ war wohl DAS Thema beim BarCampBerlin3 (und auch danach). Jans Artikel unter upload-magazin.de bringt den Vorteil des Plugins, aber auch das aufgetretene Problem gut auf den Punkt:

Eigentlich ist das WordPress-Plugin “Subscribe to Comments” eine tolle Sache: Ist es aktiviert, können Kommentarschreiber ein zusätzliches Häkchen setzen und schon werden sie über alle folgenden Kommentare per E-Mail informiert – bis sie es wieder abbestellen. Ich nutze diese Funktion selbst sehr gern und deshalb gab es sie auch hier bei UPLOAD. Leider ist sie mit deutschem Recht nicht hundertprozentig vereinbar und kann zu einer Abmahnung führen. Mir ist jetzt genau das passiert.

Das Problem der Funktion: Die E-Mail-Adresse wird im Vorfeld nicht überprüft und bestätigt, jeder Nutzer kann im Feld “E-Mail” jede beliebige Adresse angeben. Mögliches Szenario: Dieses Feature wird missbraucht, indem eine fremde Mailadresse angegeben wird und die Benachrichtigungen über neue Kommentare landen dann bei jemandem, der sie nicht bestellt hat. Das klingt für manche sicher harmlos, aber genau diese Lücke im System ist der mögliche Auslöser einer Abmahnung.

Damals merkte ich bei der Lektüre seines Artikels, wie ich innerlich zusammenzuckte. Irgendwie wunderte es mich im Nachhinein nicht, dass so etwas irgendwann passieren würde – die Gefahr lag (leider) durchaus auf der Hand, auch wenn ich es nie zu Ende gedacht (und das Plugin seit über 18 Monaten selber im Einsatz) hatte. Spätestens, als ich aber dann den Text von Thomas Schwenke unter www.advisign.de las, der ausführlich die juristischen Probleme beschreibt, entschloss ich mich umgehend, das Plugin erst einmal zu deaktivieren.

Erfreulicherweise wurde zwischenzeitlich an verschiedenen Stellen an Alternativen bzw. Erweiterungen getüftelt, um eine „rechtssicherere“ Variante bereitzustellen. Und nachdem ich nun endlich etwas Zeit (für die Installation) gefunden habe, kann man hier im Blog auch wieder per E-Mail über neue Kommentare informiert werden – dank der angepassten Version von www.infogurke.de.

Das sog. „Double Opt-In“-Prinzip (siehe auch de.wikipedia.org) wird nun unterstützt – allerdings nur für die E-Mail-Adressen der Kommentare. Die (etwas versteckt verfügbare) interessante Option, neue Kommentare per E-Mail zu abonnieren, ohne (vorher) einen eigenen Kommentar abgeben zu müssen, wird aber leider nicht durch die angepasste Version „geschützt“…

Ansonsten werkelt hier nun auch WordPress 2.7 unter der Haube – bisher (scheinbar?) ohne Macken. Für beides gilt wie immer: Sollte es irgendwo haken, freue ich mich über eine Rückmeldung 😉

Doppelplusgut: GEZ verschickt Abmahnung als Wortwächter (Update 1-2)

von Stefan Evertz am 23.08.07 um 16:23 Uhr |

Nein, ich bin kein Anwalt. Und der müsste ich wohl sein, um zu verstehen, warum bzw. auf welcher rechtlichen Basis die GEZ eine Abmahnung verschickt hat (siehe www.akademie.de):

Die Gemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hat die Wissensplattform akademie.de über die Rechtsabteilung der GEZ abgemahnt: akademie.de soll sich dazu verpflichten, „nicht existente“ bzw. „falsche“ Begriffe wie „GEZ-Gebühren“, „PC-Gebühr“, „Gebührenfahnder“, „GEZ-Anmeldung“ oder „GEZ-Abmeldung“ nie wieder zu verwenden. Das Verbot wird damit begründet, die Nutzung der Begriffe diene nur dazu, „ein negatives Image der GEZ hervorzurufen“.

Der „Imageschaden“, der sich z.B. aus der Verwendung des Begriffs „GEZ-Gebühren“ ergibt, habe ich bisher nicht gesehen. Es ist daher der GEZ zu danken, dass sie den Missstand falscher bzw. nicht existenter Begriffe endlich thematisiert hat und an der Wurzel bekämpfen will. Mit den aktuell mindestens 7 Milliarden Rundfunkgebühren pro Jahr klappt das sich auch noch mit den anderen 223.000 Suchtreffern, die Google bei der Suche nach „GEZ-Gebühren“ ausspuckt (www.google.de).

Und wenn ihr gerade dabei seid: Es heißt „das Blog“, nicht „der Blog“.

Ich gebe zurück an die angeschlossenen Funkhäuser 👿

P.S.: Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass offenbar Bernd Röthlingshöfer zeitgleich die gleichen Assoziationen bei diesem Thema hatte wie ich (siehe auch berndroethlingshoefer.typepad.com). Oder vielleicht ist es auch einfach nur gesunder Menschenverstand.

Update 23.08.07, 22:38 Uhr:
Eigentlich wollte ich dieses Update mit den Worten beginnen, dass „es sich zunehmend offenbart, dass die GEZ die Akzeptanz ihres wichtigen und hehren Projekts zumindest in Teilen falsch eingeschätzt hat – dies zeigen zumindest die zahlreichen Reaktionen innerhalb der Blogosphäre“. Langsam wächst aber mein Unbehagen, dass hier Ironie als Mittel nicht mehr ausreichen könnte.

In jedem Fall haben zwischenzeitlich zwei „Medien“ den Fall aufgegriffen. Während bei www.golem.de im wesentlichen die Angaben von akademie.de wiedergegeben werden, zeigen die Recherchen von heise.de, dass nicht nur im Hinblick auf die Forderungen der GEZ noch Fragen offen sind (siehe auch www.heise.de):

„Die GEZ will unsere Mandanten mundtot machen“, vermutet Rechtsanwalt Sebastian Biere, der akademie.de vertritt. Sollten sich seine Mandanten tatsächlich bereit erklären, in ein paar Punkten eine Unterlassungserklärung abzugeben, stelle sich allerdings die Frage, wem gegenüber das geschehen solle – aus der Forderung selbst geht das nicht hervor. Die Verwaltungsgemeinschaft von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist laut Selbstbeschreibung keine juristische Person. „Die GEZ ist im Grunde nichts anderes als ein Rechenzentrum, das sagt sie im Ãœbrigen auch selbst“, meint Biere. So stelle sich die Frage, wer einen solchen Anspruch, so er denn bestünde, überhaupt geltend machen könne. […]
Die GEZ wollte sich zu dem „laufenden Verfahren“ nicht äußern, verwies aber auf Signale der Gegenseite, eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben zu wollen. Ob ähnliche Forderungen künftig auch den Redaktionen von Spiegel, Focus oder Süddeutsche Zeitung ins Haus stehen, wollten die Kölner auf Nachfrage nicht sagen.

Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass hier noch weitere Medienreaktionen erfolgen werden – Spiegel Online wäre z.B. ein Kandidat mit nicht unerheblicher Reichweite. Die GEZ dürfte dieses Echo jedenfalls nicht kalt lassen – zumindest hoffe ich das.

Und dem Team von akademie.de wünsche ich gute Nerven, ein bisschen Mut und viel Erfolg, damit hier kein katastrophaler Präzedenzfall entsteht. Ãœber die Angelegenheit wird man dort jedenfalls nicht mal schmunzeln können – da bin ich sicher 🙄

Update 24.08.07, 10:26 Uhr:
Soeben hat Spiegel Online das Thema aufgegriffen und gibt weitere Details aus dem Abmahnungsschreiben wieder (siehe auch www.spiegel.de):

Die beiden anderen Themen, bei denen die GEZ eine Unterlassung verlangt, sind komplexer. Da geht es um die „falsche Darstellung der Rundfunkgebührenpflicht für neuartige Rundfunkempfangsgeräte“.

Die GEZ ist der Meinung, die Behauptungen in den Artikeln auf Akademie.de würden auf einem falschen „Verständnis von Gesetzestext und -systematik beruhen“, seien daher falsch und zu unterlassen. Dietrich von Hase, Mitarbeiter der Redaktion bei akademie.de, erklärt dazu gegenüber SPIEGEL ONLINE: „Es geht um verschiedene Rechtsmeinungen. Beispielsweise, wann für betrieblich genutzte PCs überhaupt eine Rundfunkgebühr für PCs fällig wird.“

Die von der GEZ abgemahnten Behauptungen „im Sinne einer üblen Nachrede“ betreffen vor allem Texte auf Akademie.de, die von angeblichem Fehlverhalten der GEZ berichten. […] Die entsprechenden Passagen der beanstandeten Artikel auf Akademie.de lesen sich in der Tat oft vage und verallgemeinernd. […] Was zum Beispiel die Punkte zur üblen Nachrede angeht, wollen die Abgemahnten auch die entsprechende Erklärung gegenüber der GEZ anstandslos unterzeichnen. […]

Sobald die GEZ hier nachgebessert hat (Anmerkung SE: gemeint ist die schon bei heise.de angesprochene unpräzise Angabe des „Absenders“ der Abmahnung) , werde Akademie.de, so deren Anwalt Sebastian Biere gegenüber SPIEGEL ONLINE, eine modifizierte Unterlassungserklärung unterschreiben.

Es ist natürlich ärgerlich, dass sich hier Akademie.de zusätzlich mit dem möglicherweise zutreffenden Vorwurf der üblen Nachrede auseinandersetzen muss; Tatsachenbehauptungen mit entsprechenden „Belegen“ wären da sicherlich besser gewesen.

Es bleibt aber der Eindruck, dass hier die GEZ versucht, juristisch sowohl die eigenen Sprachregelungen durchzudrücken als auch die Veröffentlichung von (abweichenden) Rechtsmeinungen Dritter zu unterdrücken – und sollte dieser Eindruck stimmen, so darf sie damit nicht durchkommen. Möglicherweise müsste man überlegen, die „Grundgesetz-Aktion“ (siehe auch www.svenscholz.de) auch auf die GEZ auszudehnen…

YouTube: Abmahnung aus dem Glashaus

von Stefan Evertz am 15.11.06 um 23:24 Uhr |

Bisher hat mich YouTube vor allem immer wieder durch ungewöhnliche Videos überrascht – bis ich über den Artikel von Michael Arrington stolperte, in dem er von einer Abmahnung durch YouTube berichtet, weil er auf seinem Server eine Funktion anbietet, um den Download von YouTube-Videos zu ermöglichen bzw. zu erleichtern (Ähnliche „Tools“ gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, siehe auch „Videos von Google und YouTube speichern„). Besonders wundert er sich dabei über seinen angeblichen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen des Videohosts (siehe www.techcrunch.com):

We created the tool only after a careful review of YouTube’s Terms of Use, which state “If you download or print a copy of the Content for personal use, you must retain all copyright and other proprietary notices contained therein.” The letter, however, states “The YouTube’s Terms of Use also allows users to access videos only through the functionality of the YouTube website via streaming on the Web, and it disallows the functionality of downloading videos.” Not only am I unable to find that language in YouTube’s Terms of Use, it directly conflicts with the language I did find and quoted above.

Insgesamt finde ich diese Abmahnung jedenfalls etwas skurril. Die rechtliche Basis scheint – zumindest aus meiner persönlichen Sicht als juristischer Laie – ziemlich wackelig zu sein, auch wenn das amerikanische Rechtssystem möglicherweise „Schlenker“ zulässt, die ich mir einfach nicht vorstellen kann.

Vielleicht ist diese Abmahnung auch nur eine kleine Revanche für das „Ausplaudern“ des YouTube-Verkaufs an Google (siehe auch „Mediendynamik: Google und der Kauf von YouTube (Update)„).

Wirklich eigenartig finde ich aber, dass „ausgerechnet YouTube“ die Urheberrechts-Keule schwingt. Gerade von dem Dienst, über den ich immer wieder von möglichen bzw. unterstellten Urheberrechtsverletzungen lese, hätte ich hier wohl etwas mehr Zurückhaltung erwartet. Vielleicht machen mit frischem (Google-)Geld gefüllte Kassen aber auch einfach übermütig… 😕

(u.a. via www.golem.de)