Cold Calls: Auch eine Lösung?

von Stefan Evertz am 19.08.06 um 0:52 Uhr |

Das Thema „Cold Calls“ (unverlangte Werbeanrufe, siehe auch de.wikipedia.org) geistert zur Zeit rumpelnd durch die Blogosphäre. Die kommunikativen Kapriolen, die da zum Teil in den Kommentaren geschlagen werden, sind dabei fast noch spannender als die vereinzelt diskutierten „rechtlichen“ Gegenmaßnahmen (siehe die beiden „Auslöser“ bei wirres.net und www.lawblog.de sowie weitere Anmerkungen bei www.basicthinking.de/blog, www.mein-parteibuch.de und fx3.org/blog). Inwieweit der eigentliche Initator die Geister, die er rief, vielleicht selber erst richtig befreit und aufgestachelt hat, mag jeder selber nach der Lektüre der Diskussionen entscheiden.

Grundsätzlich gibt es aber vielleicht noch eine andere nichtjuristische Variante, sich zwar etwas mühsamer, aber durchaus nachhaltig aus den Verteilern einzelner Vertriebler zu katapultieren. Das ganze wäre an „Scambaiting“ angelehnt, bei dem die Versender von sog. Scam-Mails (E-Mails mit betrügerischer Absicht, siehe auch de.wikipedia.org[2]) selber an der Nase herumgeführt werden (siehe auch den älteren, aber weiterhin aktuellen Artikel von Mario Sixtus unter www.sixtus.net)

Jens Scholz berichtet passenderweise von einem durchaus vergleichbaren Problem, das ihm vor 10 Jahren widerfuhr, als er eine „neue“ Telefonnummer bekam – die vorher zu einer Arztpraxis gehörte. Insbesondere die ältere Klientel des Mediziners bescherte ihm so manchen „Cold Call“, währenddessen die Praxis sich nicht interessiert zeigte, ihren Patienten die veränderte Telefonnummer deutlicher zu kommunizieren.

Und dann hatte er die rettende Idee (siehe auch www.jensscholz.com):

Geändert hat sich das erst, als ich beschloss, daß eigentlich nicht ich allein es sein sollte, der genervt wird und angefangen habe, mit den Anrufern Termine auszumachen. Normalerweise Donnerstag morgens um acht, was dann offenbar dazu führte, daß sich jeden Donnerstag mehrere ungeplante Termine im Wartezimmer tummelten. Innerhalb von wenigen Wochen jedenfalls gab es nicht einen verirrten Anrufer mehr.

Viele der anrufenden Vertriebler wollen ja nur eins: Einen Termin. Und den sollen sie nun auch bekommen. Aber aus „organisatorischen“ Gründen könnte man ja mit einer passenden Ausrede in ein Cafe seiner Wahl ausweichen. Die eklige Gaststätte um die Ecke, in die man selber aus Gesundheitsgründen nie einen Fuß setzen würde, geht natürlich auch.

Allein die reine Vorstellung, dass idealerweise gleich mehrere Vertreter dieser häufig nervenden Spezies im gleichen Raum sitzen und – vergeblich – auf das Christkind warten, erwärmt mir das Herz. Und ich bin mir sicher, dass die Botschaft ankommt 😈

So, jetzt könnt ihr wieder anrufen, wenn ihr euch traut. Und vielleicht klappt es ja auch mit einem Termin…

3 Gedanken zu „Cold Calls: Auch eine Lösung?

  1. jo

    Nunja. Menschen, die einen Arzt brauchen, und nun wirklich nichts für das Nummerproblem können, falsche Termine zu geben, scheint mir moralisch weit fragwürdiger, als der Versuch Werbeschaltungen zu verticken, wenn ich das mal sagen darf.

  2. Stefan Evertz Beitragsautor

    @jo: Darfst du. Korrekterweise müsste man dann aber die Vergabe falscher Termine mit dem „Im Cafe sitzen lassen“ vergleichen.

    Und da ich fest davon ausgehe, dass die Patienten vor Ort in der Praxis die erforderliche Betreuung erhalten haben, sehe ich ehrlich gesagt auch die moralische Fragwürdigkeit nicht. Zum einen schaffen es viele Praxen auch so, die Patienten trotz fester und „richtiger“ Termine im Extremfall Stunden warten zu lassen (haben wir erst am Freitag selbst so erlebt).

    Zum anderen sollte man nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Die Praxis hatte eine neue Nummer und war nicht gewillt, bei den daraus resultierenden Problemen einer Privatperson behilflich zu sein, so dass die Terminvergabe nur der Versuch einer „Abwehr“ war. Die Privatperson hat nicht mutwillig bzw. von sich aus Patienten angerufen.

    Letztendlich finde ich aber die daraus ableitbare Erkenntnis viel wichtiger: Sollte ich mal eine solche Nummer erben, würde ich zwar vermutlich nicht so handeln; ich gehe aber davon aus, dass bei einer solchen Praxis allein die Ankündigung eines solchen Verhaltens für eine ausreichende Motivation zur Lösung des Problems sorgen dürfte…

  3. Andreas Skowronek

    Was heißt hier „moralisch fragwürdig“.
    Hat je einer von euch in einer Arztpraxis angerufen und mit einer männlichen Sprechstundenhilfe einen Termin vereinbart?
    Seht ihr. Ich auch nicht.
    Und weil ich mir nicht vorstellen kann, dass Jens extra ein weibliches Wesen zwecks Entgegennahme der „Cold Calls“ engagiert hat, hätten die „verirrten“ PatientInnen schon stutzig werden können.

    Nee, ich finde Moral langweilig. Kann man so viel drüber schwadronieren, dass viele gleich die Moral in doppelter Ausfertigung besitzen.
    Bye, bye.

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