Heise-Urteil: Erste Nutzniesser der vermuteten Forenhaftung (Update)

von Stefan Evertz am 02.03.06 um 8:40 Uhr |

Die Frage, ob der Betreiber eines Forums für die dort vorhandenen Inhalte (Kommentare / Beiträge) haftet, schien eigentlich geklärt. Grundsätzlich haftet er hierfür nicht, solange er keine Kenntnis von eventuellen Rechtsverletzungen hat. www.heise.de berichtete hierzu am 17.06.05 (ähnlich wie www.golem.de):

Wird der Betreiber eines Online-Forums über eine Rechtsverletzung durch ein Posting eines Dritten informiert, so hat er unverzüglich für eine Löschung des Beitrags zu sorgen.

Am 05.12.05 wurde allerdings eine einstweilige Verfügung gegen den Heise-Verlag erlassen, die einer anderen Auffassung folgte, wie bei www.heise.de[2] nachzulesen ist (siehe auch www.golem.de[2]):

Das Hamburger Landgericht hat eine einstweilige Verfügung bestätigt, nach der es heise online verboten ist, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wird, durch den massenhaften Download eines Programms den Server-Betrieb eines Unternehmens zu stören. Der Heise Zeitschriften Verlag wird damit faktisch gezwungen, sämtliche Beiträge zu den Diskussionsforen im Vorhinein auf diesen Rechtsverstoß hin zu überprüfen. Das Urteil (Az. 324 O 721/05) dürfte gravierende Auswirkungen auf den Betrieb von Webforen und vergleichbaren Diensten haben.

Auf Basis dieser einstweiligen Verfügung hat nun eine Kanzlei Forenbetreiber unter Berufung auf das „Urteil“ abgemahnt, wie www.golem.de[3] berichtet. www.heise.de[3] ergänzt hierzu:

Bemerkenswert an den Abmahnungen ist insbesondere die Tatsache, dass für das Urteil, auf das sich die Anwälte berufen, auch drei Monate nach der Verhandlung noch keine schriftliche Begründung vorliegt. Die Auffassung des LG Hamburg ist also im Detail bisher noch gar nicht bekannt. Überdies ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und der Heise Zeitschriften Verlag hat bereits angekündigt, dagegen in Berufung zu gehen.

Ich kann – als juristischer Laie – nicht beurteilen, ob man hier schon vom Ausnutzen einer unklaren Rechtslage sprechen kann. In jedem Fall dürfte das Interesse an der engültigen schriftliche Begründung weiter zunehmen, da die juristischen Einschätzungen durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen – und erst eine schriftliche Begründung hier – hoffentlich – Klarheit bringen kann.

Arne Trautmann schrieb hierzu bereits am 06.12.05 unter www.law-blog.de:

Genau diese feine Überlegung hat das LG Hamburg aber nicht oder jedenfalls nicht bis zu Ende angestellt. Denn nichts anderes gilt im Fall eines Forums mit Tausenden von Posts täglich: es gibt keine zumutbare technische oder organisatorische Möglichkeit, jeden Post auf rechtsverletzte Inhalte zu prüfen. Mit Stichwortfiltern ist das nicht zu machen und die Modertation jedes Posts vor dem Freischalten würde das Forum unbenutzbar machen.

Das LG Hamburg geht daher in seinem Urteil nicht nur über das Teledienstegesetz hinaus, sondern dehnt selbst die ohnehin schon bedenkliche Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema noch auf das Äußerst aus. Es gelangt damit zu m.E. nicht hinnehmbaren Ergebnissen.

Ewald T. Riethmüller kam jedoch am 05.12.05 unter www.r-archiv.de zu dem Schluß:

Die Meldung – das Landgericht Hamburg habe in einem Urteil vom 2.12.05 (Az. 324 O 721/05) – eine Haftung für Forenbeiträge auch ohne Kenntnis des Forenbetreibers – angenommen, ist objektiv falsch.
Keineswegs hat das oben genannte Urteil grundsätzliche Auswirkungen auf Webforen – im Gegenteil – das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung mehrfach betont, dass es sich – nur – auf den konkreten Fall beziehe – und sich zu rechtswidrigen Meinungsäußerungen in (allgemeinen) Webforen – keine – Gedanken machen werde.

Ich hoffe jedenfalls, dass der Zwang zur Moderation von Foren (und möglicherweise auch von Kommentaren, z.B. in Blogs) nicht durch ein solches Urteil etabliert wird 🙁 Gerade die erwähnte Abmahnpraxis zeigt doch, dass – im Gegensatz zu den Ãœberlegungen von E. Riethmüller -sehr wohl eine „Generalisierung“ des Urteils denkbar ist bzw. bereits versucht wird.

Insofern ist auch der vom Heise-Verlag beabsichtigte „Weg durch die Instanzen“ grundsätzlich zu begrüßen – nicht nur im Interesse des Verlages …

(u.a. via www.golem.de[3])

Update 04.03.06, 17:13 Uhr:
Bei Sascha Kremer bin ich auf ein durchaus vergleichbares Urteil des Landgerichts Kiel vom Juli 2005 gestossen, das so – Gottseidank? – nicht bzw. nie rechtskräftig geworden ist (weblawg.saschakremer.de):

  1. Der Betreiber eines Forums, der zugleich Inhaber der Domain ist, unter der das Forum im Internet angeboten wird, ist verpflichtet, die Beiträge der Nutzer im Forum vor oder unmittelbar nach dem Einstellen auf offenkundige Rechtsverletzungen wie beleidigende Äußerungen, wettbewerbswidrige Beiträge oder Aufrufe zu Straftaten zu kontrollieren und derartige Beiträge umgehend zu entfernen.
  2. Die Verpflichtung zur Kontrolle und Entfernung von rechtsverletzenden Beiträgen gilt jedoch nicht für Beiträge, die Urheberrechte Dritter verletzen und beim bloßen Betrachten keinen Anschein der Rechtswidrigkeit erwecken. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der fehlende Abschluss eines Lizenzvertrags mit dem Rechteinhaber nicht offensichtlich war (hier: Übernahme eines Stadtplans in einen Forumsbeitrag). Eine Verpflichtung zur unverzüglichen Entfernung des rechtsverletzenden Beitrags setzt erst mit Kenntnis des Betreibers von der Rechtsverletzung ein.

Kurz nach dem Bekanntwerden der beiden Abmahnversuche musste ich dann feststellen, dass meine (und andere) Befürchtungen im Hinblick auf denkbare Konsequenzen für die „Kommentarkultur“ bereits wahr geworden sind: Birthe Stuijts ging unter dem Titel „Das Ende einer Blogeintrag-Era“ mit einem leider vergleichbaren Problem an die „Öffentlichkeit“ (www.bloggitt.de[1]):

Gibt es das schon mal im Internet? Ein Blog-Eintrag zieht eine riesen Well nach sich, in zwei Jahre Zeit besuchen über 27.000 Besucher die Seite, und über 1350 Kommentare werden hinterlassen. Es ist ein emotionaler Austausch diverser Sichtweisen – und zum Schluss stehe ich da mit einem Anwaltsschreiben in der Hand.

In dem besagten Blog-Eintrag ging es um ihr Erlebnis mit einem Menschen, der offenbar zu einer sog. „Drückerkolonne“ gehörte (siehe auch www.bloggitt.de[2]; Achtung: etwa 1 MB!).

Das Thema verbreitete sich schnell in der „Blogosphaere“; nachfolgend einige Stimmen:

blog-systemisch.de:

„Dog Law“ nennt Prof. Dr. Herberger die deutsche Abmahnpraxis: wie einem Hund vermittelt man uns das Wissen um ein Fehlverhalten hinterher durch Prügel.

hacktor.fs.uni-bayreuth.de/~hollemann/wordpress:

Nur mal so nebenbei: Selbst wenn noch nicht klar ist, wie die Auseinandersetzungen (sowohl die vom Dezember – heise will in Berufung gehen – als auch die neuen) ausgehen werden, so haben die Foren-Betreiber und Blogger doch auf jeden Fall die Scherereien und die Anwaltskosten. Nicht eben angenehm, wenn man kein größeres Unternehmen mit Rechtsabteilung im Rücken hat.

www.webdesign-in.de:

Ich mache oft Urlaub und lasse dann mein Blog de facto alleine in der virtuellen Welt. Schön langsam muss ich mir überlegen, ob ich mir dies weiterhin leisten kann. Spamwellen kann ich mit jeder erdenklichen Technik ausbremsen.
Wie schütz ich mich vor Abmahnwellen, die sich auf nicht rechtskräftige Urteile berufen?

www.txt94.de/jobblog:

Offenbar muss man mittlerweile wirklich aufpassen, was man selbst schreibt oder was die Blogleser in den Kommentaren hinterlassen. Ich finde das unglaublich, was da passiert. Es kommt noch so weit, dass ich kein Buch mehr rezensieren und dabei negativ kritisieren darf, weil der Verlag mich dann möglicherweise abmahnt. Zumindest dann, wenn in meinen Kommentaren andere dann schreiben, dass sie genau dieses Buch wie alle Bücher dieses Verlages schrecklich finden oder so. Oder dass ich nicht mehr schreiben darf, wenn ich mich über Firma XY geärgert habe.

www.suchmaschinen-optimierung-seo.info/sosblog

Ich hoffe, dass diese unendliche Geschichte rund um Drückerkolonnen und Verlagswerbung den Abmahnanwälten und deren Auftraggebern um die Ohren fliegt, damit der kleine Blogger/Mensch/Verbraucher weiterhin alle anderen über die miesen Praktiken dieser Firmen aufklären kann. Birthe hat als Konsequenz den Beitrag zwischenzeitlich vom Netz genommen und jetzt zwar wieder eingestellt, aber die Kommentarfunktion deaktiviert. Ich drücke Birthe die Daumen für ein gutes Ende dieser Blogeintrags-Ära.

Auch bei
www.industrial-technology-and-witchcraft.de und bei
www.schockwellenreiter.de fand das Thema Erwähnung (weitere Fundstellen bei Technorati: www.technorati.com).

Zum (vorläufigen) Schluß sei noch auf einen weiteren Eintrag unter www.bloggitt.de[3] verwiesen:

Kann man hier überhaupt noch frei reden? Muss jetzt jeder private Blogbetreiber damit rechnen, eine Abmahnung zu bekommen, weil irgendwer irgendwas in den Kommentare in sein Blog hinterlassen hat? Wird jetzt jeder Blogger dazu gezwungen, ein Rechtsanwalt neben sich sitzen zu lassen, der jeden Eintrag ein rechtliches „ok“-Stempel gibt? Gibt es hier überhaupt noch die Möglichkeit, ungezwungen und frei mit anderen zu Kommunizieren?
[…]
Diese ganze Abmahnkultur sollte ein Riegel vorgeschoben werden. Mann sollte nicht, wie jetzt, sofort kostenpflichtig abmahnen dürfen. Vor der Abmahnung gibt es noch den ersten Kontaktaufnahme per Mail oder per Telefon. Man kan ganz normal sagen, was einem nicht gefällt und der Betreiber dazu auffordern, die Geschichte zu klären. Erst wenn da keine Einigung zu finden ist, könnte eine Abmahnung per Rechtsanwalt geschrieben werden. Aber auch dann: Kosten sollten erst dann geltend gemacht werden können, wenn der Abmahner tatsächlich im Recht steht. Höchstens eine Aufwandspauschale von 25 Euro oder so (aber nicht von 1843 Euro!) könnte man grundsätzlich in Rechnung stellen.

Es bleibt nun leider abzuwarten, wie sich die anhängigen Verfahren bzw. Abmahnungen entwickeln. Die Zeichen an der Wand gefallen mir jedenfalls überhaupt nicht… 🙁

(u.a. per E-Mail)

Update 09.03.06, 12:26 Uhr
Die beiden Forenbetreiber scheinen noch einmal davon gekommen zu sein, wie www.golem.de[4] soeben berichtet:

Nun macht die abmahnende Kanzlei einen Rückzieher. Man nehme wohlwollend zur Kenntnis, dass die entsprechenden Beiträge aus den Foren entfernt wurden und werde auf weitere Schritte verzichten. Allerdings behält sich der Abmahnende vor, bei Wiederholung mit weniger „Nachsicht“ gegen die Forenbetreiber vorzugehen.

Die beiden Forenbetreiber erhielten dazu ein sehr ähnlich lautendes Schreiben. Forenbetreiber Geuß reicht das nicht. Sein Anwalt fordert eine rechtlich bindende Erklärung, dass auf die gegen seinen Mandanten geltend gemachten Ansprüche verzichtet wird, zudem soll der Abmahnende die Anwaltskosten tragen, schließlich sei die Abmahnung unbegründet.

Einer der beiden Forenbetreiber hat den bisherigen Schriftwechsel übrigens unter www.supernature-forum.de dokumentiert.

Update 14.04.06, 15:38 Uhr:
Soeben berichtet www.heise.de, dass nun die schriftliche Begründung des Urteils vorliege:

Demnach handelt es sich bei Webforen um eine „besonders gefährliche Einrichtung“. Derjenige, der eine solche Gefahrenquelle betreibe, sei einer verschärften Haftung unterworfen.

Der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Anbieter eines Forums erst ab Kenntnis eines rechtswidrigen Inhalts haftet und nicht zu einer aktiven Suche verpflichtet ist, folgten die Hamburger Richter nicht. Das Bereithalten von Internetforen stelle eine Form unternehmerischen Betriebs dar. Der Betreiber müsse sein Unternehmen so einrichten, dass er mit seinen sachlichen und personellen Ressourcen in der Lage sei, diesen Geschäftsbetrieb zu beherrschen. „Wenn die Zahl der Foren und die Zahl der Einträge so groß ist, dass die Antragsgegnerin nicht über genügend Personal oder genügend technische Mittel verfügt, um diese Einträge vor ihrer Freischaltung einer Prüfung auf ihre Rechtmäßigkeit zu unterziehen, dann muss sie entweder ihre Mittel vergrößern oder den Umfang ihres Betriebs [ …] beschränken“, so das Landgericht Hamburg.
[…]
Der Heise Zeitschriften Verlag wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. „Eine Vorabkontrolle von Nutzerbeiträgen würde das Ende der gewachsenen Forenkultur in Deutschland bedeuten“, kommentierte Verlagsjustiziar Joerg Heidrich: „Unserer Ansicht nach handelt es sich um ein grobes Fehlurteil. Es hätte gravierende Folgen für alle Betreiber von Foren, wenn die Entscheidung Bestand haben sollte.“

Nun ja – hoffen wir mal auf die nächsten Instanzen 🙁

Das komplette Urteil gibt es unter www.r-archiv.de[2].

Update 15.04.06, 08:01 Uhr:
Lesenswerter Artikel im SELFHTML aktuell Weblog: „Forenhaftung – Welche Auswirkungen hat die Urteilsbegründung des LG Hamburg (Az. 324 O 721/05) auf Internetforen im Allgemeinen und die SELFHTML-Foren im Speziellen?“ (aktuell.de.selfhtml.org/weblog):

In Foren, Weblogs und Online-Gemeinschaften treffen Menschen unterschiedlicher Bildung und Meinung aufeinander, um sich auszutauschen, weswegen es gelegentlich zu Differenzen kommt, die ausgefochten werden wollen – und sollen. Dies ist unter der Prämisse, dass allgemein anerkannte Umgangsformen eingehalten werden und auf Aufrufe zu Straftaten und Beleidigungen verzichtet wird weiterhin möglich und wird es auch immer sein.
[…]
Forenbetreiber, die mittels Moderation unter Mithilfe der Forengemeinschaft für ein angenehmes Klima sorgen werden eher selten mit negativen Ausreißern konfrontiert – und im Anlassfall prompt darüber informiert. Zeitnahe Löschungen wiederum minimieren das Zeitfenster, in dem die fragwürdigen Beiträge online sind und damit die Gefahr.
[…]
Was in der Tat erschreckend wäre, wäre die generelle Ausweitung der Haftung auf den Anbieter der Plattform bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Kommentars. Dieses Risiko wäre untragbar und hätte einen Kahlschlag zur Folge.
[…]
Von einer Überreaktion, die gar in Forenschließungen mündet sollte man unbedingt absehen, denn das bedeutete zwar keine Beschneidung der Meinungsfreiheit, wohl aber der Publikationsfreiheit. Denn nur wer sich artikulieren kann, wird gehört. Eine akute Gefährdung offener Plattformen besteht nach etwas Recherche derzeit wohl kaum.

Update 23.04.06, 14:55 Uhr:
Zwischenzeitlich gabe es diverse weitere Berichte, Beiträge und Kommentare, die ich aus Zeitgründen erst jetzt zusammentragen konnte. Insgesamt zeigt sich ein eher uneinheitliches Bild, da vor allem die juristischen Kommentare eher den Einzelfall-Charakter betonen, während ansonsten eher die sorgenvollen Töne überwiegen. Der Heise-Verlag hat übrigens mittlerweile das Urteil auch unter www.heise.de als PDF-Datei (Dateigröße: 1 MB )veröffentlicht.

Sascha Kremer (weblawg.saschakremer.de[2]) schreibt als Gastautor unter www.lawblog.de:

Obwohl die Entscheidungsgründe erst vor einigen Tagen veröffentlicht wurden, mahnen bereits Anwälte unter Hinweis auf das Urteil ab und veröffentlichen kundige Kommentare auf Internetseiten und in Fachzeitschriften, in denen Sie das Urteil des LG Hamburg – ohne es je gelesen zu haben – rechtlich bewerten.

Zeit also, sich das Urteil einmal näher anzuschauen. Warnung: Die nachfolgende Analyse kann Blogger um den Schlaf bringen.
[…]
Bislang hat die Rechtsprechung denjenigen, der lediglich die technische und organisatorische Plattform für die Verbreitung fremder Inhalte (in der Rolex-Entscheidung den Betreiber einer Internetversteigerungsplattform) bereithält, gleichwohl bei Unterlassungsansprüchen privilegiert, indem man eine Haftung erst ab konkreter Kenntnis von den rechtswidrigen Inhalten hat eingreifen lassen. Ab Kenntnis sollte der Betreiber dann aber auch verpflichtet sein, zukünftig gleichartige Rechtsverletzungen mit ihm zumutbaren Mitteln zu unterbinden – welche auch immer das sein mögen.

Das LG Hamburg ist nun darüber hinausgegangen und hat zwei neue Gesichtspunkte in die Diskussion eingeworfen: Was ist, wenn es sich um Nutzerbeiträge im Forum zu einem redaktionell gestalteten Angebot handelt? Und was ist, wenn der Forenbetreiber durch seine redaktionellen Beiträge als Veranlasser von rechtswidrigen Angriffen der Forennutzer eingeordnet werden kann? Sollten sich beide oder einer dieser Gesichtspunkte in der Rechtsprechung durchsetzen, käme man tatsächlich an den Punkt, an dem Forenbeiträge (mit Ausnahme solcher Foren ohne redaktionellen Hintergrund und damit auch ohne Veranlasser, Hassforen einmal ausgenommen) besser vorab zu kontrollieren wären, wollte man nicht ein Urteil wie das des LG Hamburg riskieren.

Der erste Gesichtspunkt (Forum als Bestandteil eines redaktionell gestalteten Angebots) wird wohl allenfalls diesen konkreten Sonderfall im einstweiligen Verfügungsverfahren überleben.
[…]
Der zweite Gesichtspunkt (redaktioneller Beitrag als Veranlasser) scheint allerdings geeignet zu sein, von den Gerichten zukünftig häufiger zur Begründung der Haftung von Forenbetreibern oder Webloggern herangezogen zu werden.
[…]
Auch das ist nichts Neues in der Rechtsprechung. Neu ist nur, dass dieser Gesichtspunkt zur Begründung der Haftung eines Forenbetreibers – noch einmal: eines Forums als Annex zu einem redaktionellen Beitrag – herangezogen wird. Dabei macht das LG Hamburg aber zugleich klar, worum es hier geht: Es soll keine allgemeingültige “neue” Regelung zur Haftung von Forenbetreibern formuliert werden, sondern im konkreten Einzelfall der Zusammenhang zwischen dem redaktionellen Beitrag einerseits und den Forenbeiträgen mit den Aufforderungen zu Angriffen gegen U.B. andererseits hergestellt werden. Mit mehr als der Verantwortlichkeitsbeziehung zwischen Ursache (redaktioneller Beitrag) und Wirkung (rechtswidrige Nutzerbeiträge im Forum) beschäftigt sich das Urteil nicht.

Reduziert man die Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt und sieht dem LG Hamburg seine wohl nicht mehr vertretbaren Ausführungen zu den presserechtlichen Gesichtspunkten als “Hilfsargumente” einmal nach, bleibt von der Panikmache nicht mehr viel übrig. Die Gerichte werden – selbst unter Berücksichtigung der für sich genommen gar nicht neuen Erwägungen des LG Hamburg – demnächst nichts anderes tun als bislang auch und im Einzelfall entscheiden, mit welchen Reaktionen man in einem bestimmten Umfeld auf bestimmte Aussagen rechnen muss.

Diverse offene Fragen sieht Dr. Martin Bahr (der übrigens auch Martin Geuß vertritt, siehe auch „Rechtsfragen 1: Gegen Abmahnung von Foren und Blogs„) unter www.dr-bahr.com:

Zunächst darf nicht übersehen werden, dass gut die 1. Hälfte der Entscheidungsgründe nicht die Begründung für die Haftung des Zeitschriften-Verlages darstellt. Vielmehr leitet das Gericht – in der 2. Hälfte – die Verantwortlichkeit aus dem Umstand ab, dass Heise hier selber zur Zuspitzung der Lage beigetragen habe
[…]
Das Gericht ist der Ansicht, dass es angemessen ist, wenn ein Unternehmen Postings vor der Veröffentlichung freischalten muss und die Nachrichten nicht direkt veröffentlicht werden
[…]
Die Hamburger Richter ließen auch den Einwand nicht zu, dass bei etwa 6.600 Postings am Tag eine solche Kontrolle faktisch gar nicht möglich sei
[…]
Diese Argumentation ist unvereinbar mit den Grundsätzen, die der BGH in der o.g. „rolex“-Entscheidung aufgestellt hat. Und ist ebenso unvereinbar mit den Vorgaben der europäischen E-Commerce-Richtlinie
[…]
Vollkommen unklar bleibt auch, welchen Umfang eine solche Vorab-Prüfungspflicht nach Meinung der Richter haben soll: Muss dies manuell, per Hand durch einen Menschen geschehen? Oder kann dies auch ein automatisiertes Verfahren mittels Blacklist geschehen?
[…]
Das wohl Schwierigste an der Entscheidung dürfte die Bestimmung der sachlichen Reichweite des Urteils sein.

Im vorliegenden Fall urteilte die 24. Zivilkammer, die u.a. für Pressesachen zuständig ist. Bei der Beklagten handelte es sich um das Online-Portal des bekannten Zeitschriften-Verlages Heise.

Gilt die Entscheidung nun „nur“ für Presse-Organe?

Die klare Antwort ist: Diese Frage beantwortet das Gericht in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht eindeutig.
[…]
Kurz zusammengefasst kann man die aktuelle Entscheidung glattweg nur als absolutes Fehlurteil bezeichnen. Auch wenn der verklagte Heise-Verlag schon Berufung angekündigt hat und das Urteil somit (noch) nicht rechtskräftig werden wird, dürfte die Wirkung auf das Netz der Netze gewaltig werden. Denn schon vor der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe beriefen sich zahlreiche Abmahner auf dieses Urteil. Das dürfte jetzt, nach der Veröffentlichung, erst recht gelten.

Unter www.golem.de[5] ist die Einschätzung eines weiteren Anwalts (Robert Rogge, www.kanzlei-rogge.de) unter dem Titel „Sind Betreiber für Foren-Beiträge verantwortlich?“ zu lesen:

Das Urteil dürfte als Panikmacher gut taugen, ist dafür jedoch nicht geeignet. Das wird manch einen Abmahner aber nicht davon abhalten, sich auf dieses Urteil zu berufen. Der beklagte Heise-Verlag hat schon die Berufung angekündigt, so dass das Urteil nicht rechtskräftig werden wird.
[…]
Auch wenn dieser erste Teil weitaus größere Auswirkungen auf die Tätigkeit im Internet hat, begründet das Gericht die Haftung des Heise-Verlags in erster Linie mit harscher Kritik in einem Heise-Artikel, mit dem Heise jene Reaktionen im Forum hervorgerufen habe, die später zur Abmahnung führten.
[…]
In Anbetracht einer solchen Sachlage, müsse der Verbreiter damit rechnen, dass das von ihm den Nutzern zur Verfügung gestellte Angebot missbraucht werde und müsse daher wirksame Vorkehrungen treffen, um einen solchen Missbrauch zu vermeiden.
[…]
Das Landgericht Hamburg hat nun zwei weitere Gründe eingeführt, nämlich das Merkmal der „Bereitstellung eines redaktionell gestalteten Forums“ und die „Herausforderung von rechtswidrigen Beiträgen in diesem Forum“ durch einen redaktionellen Artikel mit harter Kritik.

Der erste Punkt kollidiert mit §11 Teledienstegesetz (TDG), der die Haftung von Betreibern von Foren und Blogs ausdrücklich begrenzt und die positive Kenntnis als Anknüpfungspunkt für eine etwaige Haftung gewählt hat. Daher wird wohl dieses Merkmal in anderen Entscheidungen nicht weiter bestehen bleiben.

Der zweite Gesichtspunkt, die Herausforderung von rechtswidrigen Beiträgen, könnte eher von den Gerichten als Anknüpfungspunkt herangezogen werden. Dies ist als Veranlasser-Haftung schon seit längerem anerkannt, wird nun aber vom Landgericht auch auf den Forenbetreiber bzw. das Internet ausgedehnt.
[…]
Letztlich bleibt auch nach diesem Urteil die Einzelfallabwägung der Gerichte erhalten, die das redaktionelle Umfeld, den Artikel selbst und die entsprechenden Forenbeiträge werten müssen, um gegebenenfalls zu einer Haftung des Forenbetreibers als Veranlasser zu gelangen.

Die eingangs gestellte Frage „Sind Forenbetreiber für Postings verantwortlich?“ lässt sich in Anbetracht des vorliegenden Urteils nur für den Heise-Verlag und hier auch nur für die einzelnen Postings zu dem inkriminierten Artikel bejahen. Aber auch dies könnte sich in der nächsten Instanz ändern.

Weitere juristische Einschätzungen:

Bei www.spreeblick.com wird die meines Erachtens zentrale Frage gestellt: „Gibt es eine Zukunft für Foren und Weblog-Kommentare?“

Das jüngste Urteil des Hamburger Landgerichts (PDF dank heise) könnte zu einem klaren „Nein“ führen, denn nach diesem haften Forenbetreiber (und damit ganz sicher auch Weblog-Betreiber) für die Einträge ihrer Leser – und zwar nicht erst nach Kenntnisnahme.

Im Klartext heißt das: Wer ein Forum betreibt, hat dieses rund um die Uhr zu überwachen und die Einträge der Nutzer zu kontrollieren. Ein Forum stelle, so das Gericht, einen unternehmerischen Betrieb dar. Diesen Geschäftsbetrieb gelte es zu beherrschen, wer also mehr und mehr Kommentare oder Forumsbeiträge erhält, muss eben mehr Personal zur Kontrolle einstellen.
[…]
Man muss sich aber vor allem fragen, wohin wir uns mit solchen Urteilen bewegen und ob ein Urteil wie dieses, das die Türen für weiteren Abmahnwahnsinn so dermaßen weit öffnet, dass man geneigt ist, einfach gleich ein Formular für Abmahnungen im Hauptmenü der eigenen Website zu verlinken, eine Zukunft für Foren oder Blogs überhaupt noch möglich macht.
[…]
Aber man muss ja nicht immer gleich den Teufel an die Wand malen, es geht auch subtiler. Wie viel Zeit habe ich schon damit verbracht, die Quellen von Links in den Kommentaren zu überprüfen. Wer hat da wohin verlinkt? Was ist das für eine Site, die dort unter Umständen von einigen hundert oder gar tausend Leuten von Spreeblick aus verlinkt wird? Dabei geht es nicht in erster Linie um Spam-Prüfung oder legale Bedenken, sondern einfach auch mal nur um die Frage, ob man den Link noch einmal kommentieren sollte, um andere Leser eventuell auf Merkwürdigkeiten hinzuweisen.
[…]
Die erwähnten Unsicherheiten, die sicher noch zu ergänzen sind, lassen schnell den Ruf nach einer zentralen „Vertrauensdatenbank“ laut werden, einer wie auch immer gearteten virtuellen Ausweisstelle. Stichwort Identity 2.0. Könnte sein, dass wir diese bald brauchen werden. Könnte sein, dass wir bald unterscheiden werden zwischen anonymen Gästen, die unsere Artikel kommentieren, und „geprüften“ Kommentatoren, die durch eine noch so kleine Verifizierung (“E-Mail-Adresse ist echt“) ein höheres Vertrauen genießen und damit den Forums- und Blog-Betreibern die Arbeit etwas erleichtern, da diese ihrer gerichtlich angeordneten Pflicht wenigstens etwas leichter nachkommen könnten.

Es könnte so kommen, und das merwürdigste daran ist: Ich bin mir nach den Erfahrungen der letzten Jahre gar nicht mal so sicher, ob ich ein solches System nicht sogar gut finden würde.

Dr. Dean (dermorgen.blogspot.com):

Die gute Nachricht lautet: Dieses Urteil kann nicht generalisiert werden.

Es ist in bestimmten Fällen tatsächlich zumutbar und erforderlich (!), dass Beiträge vor (!) bzw. sehr zeitnah zu ihrer Veröffentlichung in Foren/Gästebüchern/Blogs (FBGs) vom Betreiber gelöscht bzw. zensiert werden.

Dies ist m.E. dann der Fall, wenn folgende Bedingungen gemeinsam gegeben sind:
(a) Wenn den Betreiber zur Kenntnis gelangt ist, dass es bei den von ihm verantworteten FGBs bei bestimmten Themen praktisch immer Verstöße gibt
(b) Wenn diese Verstöße schwerwiegender Natur sind
(c) Wenn der Betreiber Möglichkeiten hat, diese Verstöße zu unterbinden

Bei www.fixmbr.com setzt man sich u.a. mit dem Verursacherprinzip auseinander:

Die Urteilsbegründung im Streitfall Mario Dolzer und dem Heise Zeitschriftenverlag liegt nun endlich vor. Wie schon erwartet, ist es keinesfalls so, dass ein Forenbetreiiber auch vor Kenntnisnahme für rechtswidrige Beiträge haftet, jedoch ist es auch nicht so, dass man in in Jubel verfallen kann, wie der Leser auf Mario Dolzer-freundlichen Seiten in Ansätzen beobachten kann.
[…]
Übersetzt heißt das für mich: Wenn ich einen provokanten Text auf F!XMBR einstelle, muss ich damit rechnen, dass die User die Kommentarfunktion ausnutzen werden, d. h. ich sollte vorher auf Moderation bei den Kommentaren stellen. Wir leben in einer Zeit, in denen der Mensch, der Bürger grundsätzlich vorverurteilt wird.

Carsten Knobloch schreibt unter dem Titel „Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar“ (siehe auch stadt-bremerhaven.de):

Traurig aber wahr – der Titel ist Programm. Ich stehe mit meinem Namen auch hinter einem Forum mit momentanen 2292 Mitgliedern. Jetzt soll ich also alles und jeden kontrollieren. Traurig – und auch nicht zu machen. Webforen sind also eine gefährliche Einrichtung. Nun wird in unserem Board kein illegaler Stuff gepostet und der harte Kern der Nutzer kennt sich seit Jahren – und benimmt sich dem entsprechend. Doch wie schnell kann sich der Wind drehen? Für ein Hobbyprojekt Gefahr laufen ganz tief in meine eigene Tasche zu greifen?

Martin Geuß hält es im Hinblick auf die von ihm angestrebte negative Feststellungsklage für „wichtiger denn je, die Sache durchzuziehen“ (siehe auch www.supernature-forum.de):

Natürlich ist das Risiko gegeben, dass das LG Hamburg dieses Urteil sinngemäß auch auf unseren Fall überträgt.
Es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen. Wegen der vielen Fragen, welche die Urteilsbegründung offen lässt, kann dies jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Es wurde in den letzten Wochen vereinzelt auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit meiner Klage gestellt, weil die Rechtslage „doch sowieso klar sei“.
Ich wünschte, es wäre so. Diese Frage stellt sich aber aufgrund der vorliegenden Begründung nun ganz sicher nicht mehr.

Am 20. April hat dann auch das Sat1-Magazin „Planetopia Online“ das Thema aufgegriffen (Text des Beitrags unter www.sat1.de abrufbar). Der Kommentar des dort ebenfalls interviewten Jens Scholz (siehe auch www.jensscholz.com) ist allerdings deutlich informativer als der Beitrag selber 🙁

Scheinbar werden wir den weiteren Rechtstreit abwarten müssen, um die diversen offenen Fragen klären zu können. Ich hoffe jedenfalls, dass die offensichtlich weiterhin etwas diffuse Rechtslage nicht durch weitere Abmahnungen „ausgenutzt“ wird…

Update 02.05.06, 9:05 Uhr:
Martin Geuß hat die angekündigte negative Feststellungsklage am 28.04.06 beim Landgericht Hamburg eingereicht (siehe auch www.supernature-forum.de[2])

Es hat etwas länger gedauert als geplant, aber nun ist es soweit:
Die Klage wurde vergangenen Freitag beim Landgericht Hamburg eingereicht.
Sobald es einen Verhandlungstermin oder sonstige Neuigkeiten gibt, wird an dieser Stelle
davon zu lesen sein. Es sei jedoch gleich darauf hingewiesen, dass eine Zeitspanne von
mehreren Monaten zwischen Einreichung der Klage und der Gerichtsverhandlung nicht unüblich
ist. Das Thema ist also nichts für Ungeduldige ;-).

Aktuell sind übrigens mehr als EUR 16.000 an Spenden zur Unterstützung der Klage aufgelaufen…

Update 03.05.06, 7:22 Uhr:
Am 25.01.2006 erging vor dem LG Düsseldorf (Az.: 12 O 546/05) ein weiteres interessantes Urteil, das ebenfalls Auswirkungen auf die Haftung bzw. Verantwortung von Forenbetreibern haben könnte (siehe auch www.foren-und-recht.de):

Leitsatz:

  1. Ein Forums-Betreiber haftet erst ab Kenntniserlangung für fremde, rechtswidrige Einträge.
  2. Sind in der Vergangenheit rechtswidrige Postings aufgetaucht, reicht es nicht aus, lediglich die betreffenden IP-Nummern zu sperren. Der Betreiber des Forums hat vielmehr durch andere technische Mittel dafür Sorge zu tragen, dass zukünftige rechtswidrige Postings zu diesem Thema nicht mehr auftauchen. Dies ist insbesondere dann nicht gewährleistet, wenn Dritte – ohne jede Registrierung im Forum – Beiträge senden können.

(via sewoma.de/berlinblawg)

Update 05.05.06, 14:24 Uhr:
Und noch ein Urteil, diesmal aber eher „pro Forenbetreiber“. In einem Urteil des Oberlandesgericht Düsseldorf (AZ 1-15 U 180/05) wurde der folgende Leitsatz formuliert (siehe auch Urteilstext unter www.aufrecht.de):

In einem Meinungsforum ist vorrangig derjenige auf Unterlassung von diffamierenden Aussagen in Anspruch zu nehmen, der sich geäußert hat. Ist der Äußernde bekannt, geht eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber des Meinungsforums ins Leere.

Das Urteil scheint mir jedenfalls in die entgegengesetzte Richtung der vorgenannten Urteile zu gehen, auch wenn hier noch zahlreiche Details offen bleiben – und sich nicht zuletzt wieder die Frage nach den künftigen Chancen einer „anonymen“ Beteiligung in Diskussionsforen (und Weblogs) stellt. Es bleibt aber abzuwarten, ob dieses Urteil bestehen bleibt, oder ob es in die nächste Instanz, d.h. zum Bundesgerichtshof, geht.
(via www.golem.de[6])

Update 05.05.06, 15:42 Uhr:
Bei Udo Vetter lese ich gerade unter
www.lawblog.de:

Das Oberlandesgericht Düsseldorf erwägt allerdings auch eine Registrierungspflicht für Teilnehmer. Diese sollen Namen und Adresse angeben müssen. Wie weit der Betreiber allerdings die Angaben gegebenfalls zu überprüfen hat und wie das praktisch umgesetzt werden könnte, erläutert das Urteil nicht.

Und dann fallen in den Kommentaren noch Stichwörter wie „PostIdent“. Das wären ja wirklich schöne Aussichten 🙁

21 Gedanken zu „Heise-Urteil: Erste Nutzniesser der vermuteten Forenhaftung (Update)

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  4. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Günter Frhr.v.Gravenreuth: Die unter vorgenannter Adresse genannten Fakten kann ich weder im Hinblick auf ihre Korrektheit noch hinsichtlich der juristischen Rahmenbedingungen beurteilen, da ich die Details nicht kenne und auch kein Anwalt bin. Sollten die Texte von den abgemahnten Forenbetreibern ohne Quellenangabe verwendet worden sein, könnte ich mir allerdings vorstellen, dass hier Ansatzpunkte für juristische Schritte bestehen. Aber wie gesagt: Ich bin kein Anwalt.

    Die unter vorgenannter Adresse ebenfalls formulierte und offensichtlich zentrale Aussage scheint mir allerdings nicht zuzutreffen:

    Heise nimmt das „Foren-Urteil“ des LG Hamburg (324 O 710/05) zum Anlaß, um nun selbst Foren kostenpflichtig abmahnen zu lassen

    So wie ich die Zitate aus der Abmahnung verstehe, geht es hier um Verstöße gegen das Urheberrecht (was meines Wissens nicht Gegenstand des „Foren-Urteils“ war) – und das Foren-Urteil wird auch nicht erwähnt.

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  6. tihomir

    Gibt jetzt den ersten Fachaufsatz zum Heise Webforen Urteil …

    Von der Provider- zur Provider- und Medienhaftung. Ein Plädoyer für eine „zweistufige“ Auslegung der Verantwortlichkeitsprivilegierungen für Telemedien am Beispiel von Internetforen, (Zugleich Anmerkung zu LG Hamburg, U. v. 05.12.2005 – 324 O 721/05 -)

    in Computer & Recht 2006, S. 188-193

    vom URteil selbst aber weiter keine spur …

  7. moloko

    Kein Wunder, dass Freiherr Günter von Gravenreuth hier motzt. Schließlich haben heise-Recherchen dazu geführt, dass sein ehemaliger Partner Bernhard S. in der gemeinsamen Münchner Kanzlei festgenommen wurde.

    [Volltextzitat wurde von mir entfernt – der Link zu heise sollte wohl ausreichen. Gruß, Stefan]

  8. Bambule

    Es steht zu hoffen, dass sich dieses Urteil in der Breite durchsetzt. Aus einem ganz einfachen Grund: Dem politisch motivierten Vandalismus im Internet muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Vornehmlich linksradikale Querulanten nämlich sind es, die in der Anonymität des Internet glauben, aufrufen zu können, wozu sie wollen und andere, normale Leute beleidigen zu können, wo und wie sie wollen etc. Eingestellt wird das in Foren – man ist ja anonym, man wird ja nicht erwischt und zur Rechenschaft gezogen für den teilweise schon kriminellen Müll, den man von sich gibt. Und Plattformen wie „indymedia“ lassen auch die kriminellsten Aufrufe zu Sachbeschädigung bis hin zur Körperverletzung einfach so zu – da wird es Zeit für die Notbremse. Ist der Plattform-/Forenbetreiber verantwortlich, wird radikaler Müll schnell aus dem Internet verschwinden. Und dafür ist dieses Urteil gut.

  9. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Bambule: Im Hinblick auf den „Vandalismus“ stimme ich dir zu – egal ob politisch oder sonstwie motiviert und auch ob links- oder rechtsradikal, hier sollte keine Öffentlichkeit geboten werden. Bei so ziemlich allen Plattformen werden „extreme“ Äußerungen meines Erachtens aber ohnehin bereits entfernt – und das zumeist bereits vor irgendwelchen Aufforderungen durch Leser oder Betroffene.

    Wenn sich aber dieses Urteil bzw. Rechtsverständnis „verbreiten“ würde, hätte das zur Konsequenz, dass viele „normale“ Foren etc. schließen würden bzw. müssten, da der Moderations-Aufwand nicht mehr zu leisten und das rechtliche / wirtschaftliche Riskio nicht mehr abschätzbar wäre. So hätten wir wegen einer kleinen „extremen“ Minderheit dafür gesorgt, dass die große Mehrheit nicht mehr virtuell diskutieren und kommunizieren könnte.

    Und das kann ja wohl nicht „Sinn“ der Sache sein…

  10. Bambule

    @ Stefan Evertz: Ich muss zunächst klarstellen, dass Du natürlich recht hast mit der Aussage, dass nicht nur den Linsradikalen, sondern auch (und gerade) den Rechtsradikalen und anderen Net-Vandalen die Plattformen entzogen gehören. Die Linken sind halt einfach auffälliger, weil extrem penetrant und rotz-, rotzfrech. Auch werden sehr viele Plattformen bereits moderiert, stimmt. Und die „einschlägigen“ wie „indymedia“ werden sich entweder anpassen, oder eben verschwinden.

    Das Problem, dass viele normale Foren aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssten und dann eine große Mehrheit normaler Menschen wegen einer kleinen Minderheit extremer Spinner nicht mehr offen diskutieren könnte, ist allerdings gegeben. Das Forum meiner Tageszeitung hat gerade reagiert – und geschlossen, was ich sehr schade finde. Ein Appell an die User, erstens die „Nettiquette“ zu wahren und zweitens keine diffamierende, sondern konstruktive Kritik zu äußern, bringt nichts – radikale Spinner lachen nur hämisch über solche Appelle und stänkern weiter.

    Damit sich die große Mehrheit der „Normalen“ nicht von den radikalen Spinnern quasi den Mund verbieten lassen muss, könnte es vielleicht helfen, wenn man in Foren künftig nicht mehr anonym auftreten dürfte, sondern nur mit richtigem Namen. Und dem Forenbetreiber sind Name und Anschrift bekannt – ganz einfach, zum Beispiel durch das Post-Ident-Verfahren. Das ist anfangs ein größerer Aufwand, sicher. Aber wer unter eigenem Namen postet, überlegt sich dreimal, was er schreibt. Die Radikalen bleiben außen vor, und wenn sie es doch wagen, ihren Müll abzusondern, kriegt man sie am A….

    Ist nur so ´ne Idee, wie man Radikale kleinkriegen könnte, ohne als normaler Mensch selbst in die Knie gehen zu müssen.

  11. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Bambule: Eine Lösung wie Postident mag zwar zur eindeutigen Identifikation dienen, aber das würde zugleich bedeuten, dass man sich für jedes Forum erneut anmelden müsste (und du hättest hier ohne Anmeldung auch keinen Kommentar abgeben dürfen ;). Und genau diese Hemmschwelle – wenn das nicht noch untertrieben ist – meinte ich. Vom unlösbaren Problem, Servern im Ausland auf anderem Wege als durch Zensur beizukommen, will ich da nur erst gar nicht anfangen. Dortige Betreiber würden über ein solches deutsches Rechtsverständnis nur müde lächeln.

    Nicht zuletzt würden auch die vielen Communities (und Blogs) zum Erliegen kommen – wer wird denn noch Anfänger-Fragen in irgendeinem Bereich stellen, wenn er über seinen Namen noch Jahre später über Google auffindbar ist…

    Insofern würde ich nach wie vor auf die ernstzunehmende Chance der „Selbstregulierung“ setzen – gerade in vielbesuchten Foren werden sicherlich ausreichend Besucher über eventuell problematische Beiträge stolpern und können so umgehend die Moderatoren informieren (z.B. über einen Button bei jedem einzelnen Beitrag).

    Alles andere wäre meines Erachtens – drastisch gesprochen – ein Rückschritt auf das Niveau von Leserbriefen – womit dann der Kreis zum Post-Ident-Verfahren geschlossen wäre.

    Im Moment hoffe ich jedenfalls weiterhin, dass sich die Rahmenbedingungen nicht derartig verschlechtern werden…

  12. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Rober Diener: Ich bin mir nicht sicher, ob die Sichtweise des genannten Textes wirklich so anders ist. Eine Aussage des genannten Textes sollte aber so nicht unkommentiert bleiben:

    Das aus dieser Entscheidung so etwas wie ein „Dogma“ entstehen könnte, das zukünftig generell die Haftungsfrage in Foren regelt, halten wir für nahezu unmöglich.

    Wie ich im Beitrag bereits berichtet habe, ist genau dies bereits passiert, da auf Basis dieser Entscheidung versucht wurde, juristischen Druck auf Blogs und Foren auszuüben. Und ich befürchte, dass dies nicht der letzte Versuch bzw. Fall dieser Art ist…

  13. Günter Frhr.v.Gravenreuth

    BGH „ROLEX-Internet-Auktionshaus haftet für Markenverletzung“ (Az.: I ZR 304/01)
    BGH „Providerhaftung für fremde Inhalte“ (Az.: VI ZR 335/02)
    LG Düsseldorf, „Haftung für Foren- und Gästebucheinträge“ (Az.: 2a O 312/01) – durch das OLG Düsseldorf bestätigt
    LG Feldkirch (Österreich)“ Haftung für Foren- und Gästebucheinträge“ (Az.: 3 R 142/04m)
    LG Hamburg „Haftung des Forenbetreibers für User“ (Az.: 324 O 805/04)- das ist NICHT das Heise-Urteil!
    LG Trier, „Haftung für Foren- und Gästebucheinträge“ (Az.: 4 O 106/00)
    „LG Frankfurt am Main, „Haftung des Providers für seinen Kunden“ (Az: 2/3 U 88/98)
    OLG Düsseldorf „Haftung für den Inhalt einer fremden Homepage ohne Verlinkung“ (Az: 2 U 65/98)
    OLG Oldenburg „Haftung für rechtswidrige Inhalte“ (Az.: 1 U 142/99) ITRB 12/2000
    LG Bremen „photo-dose.de – Haftung des Providers für Kunden Domain“ (Az.: 12 O 453/99); CR 2000,543; JurPC Web-Dok. 196/2000 ITRB 2000, 177
    LG Stuttgart „SysOp haftet wie Zeitungsverleger“ (Az: 17 O 478/87)

    Die Linie der Rechtsprechung hat sich durch die Neufassung des TDG hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs nicht geändert.

    Mit freundlichen Grüßen

    Günter Frhr.v.Gravenreuth
    Rechtsanwalt, Dipl.Ing.(FH)

  14. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Carsten Knobloch: Ich fürchte allerdings, dass selbst ein solcher Freund bei der aktuellen „Rechtsunsicherheit“ nicht allzu viel bringt. Ich gehe nämlich davon aus, dass eine solche Prüfung nur dann helfen würde, wenn der Rechtsanwalt für eventuell übersehene „Haken“ auch haftet. Und das kann und würde er m.E. nur dann tun, wenn er es offiziell macht…

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  17. ff-webdesigner

    Ich kann mich perun nur anschliessen: ein totaler Schwachsinn ist das, dass da mal wieder Juristen ohne jegliche Würdigung der Materie völlig unsinnige Gesetze auf den Weg gebracht haben. Auf Bücher übertragen heisst das: eine Seite Drin, eine Seite weg…und Foren werden deutlich mehr Arbeit in der Administration machen…als ob die ganzen Sicherheitslöcher von z.B. PHPbb nicht gereicht hätten. Vielen Dank 🙂

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