Missing Links: Einzelfall oder Trend?

von Stefan Evertz am 25.06.10 um 8:05 Uhr |

One way to nature
Lizenz: Creative Commons License Photo: unmundane

Aus aktuellem Anlass habe ich in den letzten Tagen einige durchweg lesenswerte Blog-Artikel rund um das VideoCamp im Netz gefunden, die mich allerdings allesamt in einem Punkt wirklich irritiert haben: Sie verlinken nicht.

Nun kann das viele Gründe haben, z.B. technische Probleme (je nach System werden Links – auch zu Twitter-Accounts- automatisch umgewandelt; hier kann es aber eben auch zu Störungen kommen). Eventuell gibt es auch „redaktionelle“ Gründe oder es ist die auch in den letzten 10 Jahren nicht ausgestorbene Sorge, wegen unklarer Haftungsfragen durch einen externen Link umgehend in einer Vorhölle zu landen.

Natürlich kann es auch einfach Unachtsamkeit sein – was im konkreten Fall (bei Artikeln über ein sponsorenfinanziertes BarCamp wie das VideoCamp im doppelten Sinne schade wäre. Denn schließlich kann man durch Links wunderbar auf vertiefende Informationen verweisen, statt den Leser erst auf die Suche bei Google schicken zu müssen. Und ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf die Website der BarCamp-Plattform kann man durchaus als kleine Gegenleistung für das Engagement der Sponsoren sehen – das direkte Verlinken von Sponsoren passiert ja (gerade auf Teilnehmerseite) ohnehin kaum noch.

Vielleicht ist es auch einfach der Wunsch, mit dem eigenen Text am liebsten eine Sackgasse zu sein. Eingehend Links nimmt man im Zweifelsfall gerne, ausgehende Links dagegen würden ja den Leser „weglocken“. Im Sinne eines offenen Netzes wäre das wohl die unangenehmste Sichtweise

Es gibt jedenfalls viele denkbare Gründe, warum in den Artikeln quasi keine Links gesetzt wurden. Und es geht mir nicht darum, hier die einzelnen Autoren anzuprangern oder die Gründe einzeln zu sezieren – es fiel mir halt einfach die Häufung auf (Hier die Beispiele: steadynews, steuerungb, vj-news; beim letzten Text ist genau 1 Link enthalten – zum neu gestarteten Feedback-Netzwerk – die dort genannten Twitter-Accounts sind aber eben genausowenig verlinkt wie das VideoCamp). Ich gehe ohnehin immer erst mal davon aus, dass hier eher Unachtsamkeit als z.B. so etwas wie Absicht vorliegt.

Ich habe aber eben den subjektiven Eindruck einer wachsenden Linkmüdigkeit – gerade bei Blogs und Blog-ähnlichen Texten. Zusammen mit der nie stark ausgeprägten Verlinkungsbereitschaft bei den Online-Ablegern diverser Verlagshäuser wäre das ein beunruhigender Trend.

Daher meine Frage an Euch (und ich freue mich ja immer über Kommentare, diesmal bin ich aber besonders neugierig!): Sind das Einzelfälle? Oder habt ihr ähnliche Beispiele und vor allem ähnliche Eindrücke?

7 Gedanken zu „Missing Links: Einzelfall oder Trend?

  1. riebiesel

    Hi Stefan,

    ich rücke mein Feedback mal etwas ab von den Video- und Bar- und Anderen-Camps und bleibe in der Blogosphaere.

    Einen Link zu setzen ist erstmal zusätzliche Arbeit. Ein @Hirnrinde ist schnell geschrieben und im Textfluß sicherlich sinnvoll platziert. Danach aber nochmal an den Text zu gehen und aus einem reinen Fließtext (eben so wie er einem aus den Fingern geflossen ist) auch einen interaktiven Artikel zu machen, @Hirnrinde zu hinterlegen, stell zusätzlichen Aufwand dar. Ich stelle bei meinen Artikel nicht selten fest das die technische Nachbearbeitung, das Zusammenstellen der Quellen auf die man Bezug nehmen will, oft eben so viel Zeit in Anspruch nimmt wie das eigentliche Verfassen dessen was man dann als Inhalt, Content auf seinem Blog auch veröffentlichen will.
    Nehmen wir die theoretische Situation das man nach irgend einem Camp das Erlebte, die Informationen die man mitgenommen hat direkt publizieren will. Das gilt übrigens so 1:1 auch für jeden Marathon oder Ultraulauf, jedes Stadteilfest von dem man berichten mag. Man ist noch nicht wieder ganz zu hause, hat schon die Bilder auf den heimischen PC geschoben und fängt an zu schreiben. Schnell sind 1-2 Bildschirmseiten voll. Und dann? Dann veröffentlicht man. Nachbearbeiten, Links einfügen all das kann man ja später auch noch machen. Macht man aber nicht weil man sich über die Seitenzugriffe, die Kommentare freut und selber auf anderen Seiten unterwegs ist, die via Twitter, Facebook u.A. an einen herangetragen wurden.
    😯
    Die Links sind vorhanden – sie sind nur nicht im eigentlichen Posting mehr enthalten. Sie werden outgesourced auf die Socialmedia Plattformen in denen wir uns alle auch noch bewegen. Doch da sind sie nur ein Snapshot. Gerade noch in der Timeline sichtbar jetzt schon wieder unten aus dem Client gelaufen und damit aus dem Auge aus dem Sinn. Schade eigentlich denn So gehen Informationen, Crosslinks in der Tat verloren.

    Ich nehme mir gerne die Zeit einen Artikel auch technisch zu ende zu bearbeiten. Vielleicht weiß ich morgen noch wer neben mir noch alles zu einem Thema geschrieben hat. Aber spätestens beim nächsten Event habe ich 98% dessen vergessen. Nehme ich mir 60 Minuten mehr Zeit dann ist es dauerhaft im Posting hinterlegt. Dann ist es ein Mehrwert 😉

    Grüße
    Markus

  2. Stefan Evertz Beitragsautor

    OK – den Grund „knappe Zeit“ nehme ich natürlich gerne noch auf 😉 Und vielleicht noch den Aspekt der „persönlichen Faulheit“, was Zeitaufwand und Frequenz der Textproduktion betrifft. Gerade in Punkto Blogfrequenz sehe ich da meinen eigenen langen Schatten…

    Den Gedanken, dass ja ein normaler Blogpost oft eine Art „Snapshot“ ist, der gerade für den Autor keinen weiteren (verlinkenden bzw. verlinkten) Kontext braucht, sollte man in der Tat nicht unterschätzen. Das merkt man oft bei älteren Texten – 3 Jahre später z.B. muss man bzw. ich manchmal lange grübeln, um den Kontext wieder nachvollziehen zu können.

    Möglicherweise hat mich vor allem die nahezu vollständige Abwesenheit von Links irritiert – es geht weniger darum, eine Linkflut zu realisieren (was auch kontraproduktiv für den Lesefluß ist). Das kommt mir gerade im Internet immer wie eine digitale Sackgasse vor.

    Wobei dann – neben der Erweiterung der Liste der möglichen Gründe – immer noch die obige Kernfrage bleibten würde:Nimmt die Verlinkung ab? Denn abgesehen von der kurzlebigen Linkschleuderei via Twitter, Facebook etc. scheint die Verlinkung innerhalb der Blogosphäre in den letzten Jahren insgesamt stetig abzunehmen, wie sich ja immer wieder bei den Deutschen Blogcharts zeigt…

  3. wapr | screencastblog.net

    Es gibt noch einen technischen Grund.
    Einfach ausgedruckt: je mehr Links auf einer Seite stehen, desto weniger bekommt jede verlinkte Seite an „Popularität zugeteilt“ so zu sagen. Es geht um SEO und so. Sprich viele Links _können_ darauf deuten, dass man selbst keinen Inhalt bietet, sonder nur Linksammlung betriebt. Also das Verhältinis von reinem Text zu Links sollte stimmen.

    Aber ich denke viele Blogger haben sowas gar nicht im Sinne, denke ich.

  4. Stefan Evertz Beitragsautor

    @ wapr: Natürlich hast du recht – zu viele Links auf einem Haufen stören nicht nur den Lesefluß, sondern sorgen auch für schlechtes Link-Karma.

    Aber die Frage war ja eher: Warum wurden (quasi) gar keine Links gesetzt? Und eben auch, ob das ein grundsätzlicher Trend sein könnte.

  5. Jens Matheuszik

    Ich versuche eigentlich immer zurück zu verlinken, aber manchmal klappt es auch nicht (Stichwort: iPad, eckige Klammern für HTML-Befehle…). Ansonsten finde ich, dass es sich schon gehört zu verlinken – gerade in Blogs. Es gibt natürlich manchmal die bewusste Ausnahme („das will ich nicht verlinken“) und das kann auch ein gutes Stilmittel sein – aber für die Ausnahme muss man natürlich auch erst einmal eine Regel haben. 🙂

  6. Maik Wagner

    Meiner Meinung nach sind es mehrere Gründe, die zu dieser Entwicklung führen (ja, ich halte es für einen Trend):

    1. Es muß alles immer schneller gehen. Wenn man heutzutage einen Blogbeitrag – gerade zu einem Event – schreibt, muß der eigentlich schon während der Abschlußsession online gehen, damit der überhaupt noch wahrgenommen wird. Einen Tag oder gar eine Woche später hat sich die Online-Welt schon so viel weitergedreht, daß Blog-Autoren offensichtlich befürchten, daß es niemanden mehr interessieren könnte.
    Da bleibt keine Zeit mehr zum Verlinken, schon gar nicht zum Recherchieren.
    2. Fortschreitende Tumblerisiserung nenne ich es mal. Also das schnelle Hinpacken von Meinungs oder Info-Häppchen, ohne größeren Zusammenhang. Wenn Diskussionen über den Tod des Bloggens an sich die Runde machen, Twitter ernsthaft als Alternative zum „urtümlichen“ Bloggen genannt wird, dann ist nachvollziehbar, das in einen (Link)-Kontext gesetzte Artikel uncool sind.
    3. Eine Art Generationswechsel. Ich bin ja selbst einer von den „Jung-Bloggern“, mag aber das Bewußtsein der Altvorderen, daß gerade die Links ein unschlagbarer Vorteil der Blogs sind und halte auch Blogrolls nicht für uncool (auch wenn meine noch nicht fertig und deswegen noch nicht veröffentlicht ist). Im Gegenteil, gerade über Links kommt man auf Seiten, die man gezielt sicher nicht angesteuert hätte. Blogger, die erst vor kurzem angefangen haben zu bloggen, sind sich dessen vielleicht gar nicht bewußt.

  7. Alexander Trust

    Also zu viele Links sind wohl genauso wenig gut wie zu wenige. Aber letztlich müsste man sich wohl die Texte auf einer Website komplett anschauen. Dabei geht’s ja nicht nur um externe, sondern auch um interne Links. Wenn man Inhalte hat, auf die man hinweisen möchte, ist’s gut, sie zu verlinken.

    Nur ich mein, vorschreiben kann man das niemandem. Und mit Generationen hat das auch nichts zu tun. Das Thema war vor 5 Jahren in der Blogosphäre genauso virulent. Jedes Quartal, bzw mit schöner Regelmäßigkeit schreibt ein Blogger über die Linkfaulheit. *G*

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