Ach, telefonieren kann man damit auch?

von Stefan Evertz am 19.02.07 um 0:55 Uhr |

Gerade stolpere ich bei über eine interessante Studie mit etwa 15.000 Teilnehmern aus 37 Ländern zum Thema „Mobilfunk“, deren Ergebnisse unter www.spiegel.de u.a. so zusammengefasst werden:

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl für die Durchschnittskunden mit niedrigen Ansprüchen, als auch für die experimentierfreudigen „Early Adopters“ Mobiltelefone eine regelmäßige Frustrationsquelle darstellen.

Der nicht näher spezifizierte Anteil der Durchschnittsnutzer leidet vor allem an „Funktions-Ermüdung“: Ein Großteil aller Handy-Besitzer will eben einfach nur Telefonieren, SMS versenden und die Alarmfunktion nutzen, aber darüber hinaus möglichst nicht mit Kameras, MP3-Playern, Video-Telefonie oder opulenten Organisern belästigt werden. Aber auch die Nutzer, die prinzipiell daran interessiert sind, mit ihrem Handy mehr anzustellen, als zu Telefonieren, werden durch kryptische Menuführungen oft davon abgehalten.

Als große Überraschung präsentiert die Studie unterdessen, dass Nutzer aus Entwicklungs- und Schwellenländern alle gebotenen Funktionen der High-Tech-Handys auch wirklich verwenden.

Zumindest der letzte Punkt überrascht mich nicht. Zumindest in Ägypten hatte ich vielfach Gelegenheit, die Ägypter im souveränen Umgang mit diesen – fast immer zur neuesten Generation zählenden – Geräten live zu erleben. Von den gelegentlichen mitleidigen Blicken auf die „unmodernen“ Handies der Touristen will ich da gar nicht erst reden 😉

Und dem herauszulesenden Ärger über die zunehmende „Featuritis“ moderner Mobiltelefone kann ich mich ebenso anschließen wie die beschriebene „Funktions-Ermüdung“ plausibel klingt.

Ein Blick auf die ursprünglichen Quellen lässt mich zwar kurz grübeln, woher der Autor die Wünsche des „Großteils der Handy-Besitzer“ kennt. In den unter www.fameforusers.org als PDF-Datei abrufbaren „Key observation highlights“ heißt es lediglich:

The industry’s preoccupation with one-upmanship on features and functions does little to improve the elegance and appeal of products. The number one problem voiced by users in every region was “too many functions I did not use.”

This was compounded by other reported problems including user manuals not being very good, devices being hard to configure or customize, and simple product requirements, like volume control, being deficit.

Aber recht hat der Autor in jedem Fall – finde ich 👿

8 Gedanken zu „Ach, telefonieren kann man damit auch?

  1. Stephan

    Wenn „der Ägypter“ sich keinen Kopf um „komplizierte“ DSL-Anbieter, einen störrischen Heim-PC, der täglichen Spam-Flut machen muss, dann hat er eben mehr Nerv, sich seinem Mobiltelefon zu widmen.

    Das ist wie mit dem Fernsehen. Seit es Internet gibt, wird weniger fern geguckt. Verdrängung überall. Auch im Kopf des Users.

  2. mars

    Ich war echt überrascht als ich mal in Ägypten war…die tragen meist wirklich ganz alte, schmutzige Klamotten aber haben ein Mörder Handy, und selbst das Netz war bei denen echt gut…

  3. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Stephan: Man muss sicherlich berücksichtigen, dass die Kosten eines Handies (in aller Regel mit Prepaid-Karten betrieben, die einen Bruchteil der bei uns üblichen Kosten verursachen) immer noch viel günstiger sind als die Kosten eines Computers (und eines Internetzugangs) in Ägypten. Insofern stellt ein solches Handy immer auch ein gut sichtbares (und bezahlbares) Statussymbol dar, das ein Computer so nicht sein kann. Und einfacher zu bedienen ist das Handy allemal 😉

    @mars: Den Eindruck der „ganz alten schmutzigen Klamotten“ kann ich allerdings überhaupt nicht bestätigen. Gerade die „handifizierte“ Personengruppe würde meines Erachtens so niemals in die Öffentlichkeit gehen…

  4. Stefan Evertz Beitragsautor

    @Markus: Ohne hier eine Grundsatzdiskussion über die „Zuverlässigkeit“ von Wikipedia führen zu wollen, wird zumindest dort Ägypten als sog. „Ankerland“ (de.wikipedia.org[1]) genannt, einer besonderen Form des Schwellenlands (de.wikipedia.org[2]).

    Da meines Wissens ein Kellner in Ägypten (bzw. Hurghada) umgerechnet etwa 300 Euro (und ein Lehrer 150-200 Euro) verdient, bleibt jedenfalls ein deutlicher Unterschied im Status und Preisgefüge der Handies. Denn wer würde hier in Deutschland ein oder mehrere Monatsgehälter für ein Handy ausgeben…

  5. Marcus

    Dann spielt Ägypten laut deiner Argumentation in derselben Liga wie Russland und China.

    – tbh – ich habe schon den Unterschied zwischen Ägypten und einem Entwicklungsland vor Ort gesehen und kann nur jedem empfehlen diese Erfahrung auch zu machen.

  6. Handy

    Naja, ich denke schon, dass Ägypten als Schwellenland bezeichnet werden kann, nicht umsonst zählt es zu den N11 Ländern. Was die Verbreitung von Handys angeht, ist es auf jeden Fall noch ein Entwicklungsland, schließlich hat dort statistisch gesehen noch nicht jeder 2 Handys so wie hier 😉

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