Google: Die zwei (Aussichts-)Türme (Update)

von Stefan Evertz am 03.05.06 um 9:27 Uhr |

Nehmen wir einmal für einen Moment an, der Microsoft-Browser „Internet Explorer“ hätte nicht weltweit etwa 80% Marktanteil, sondern er und Firefox wären einfach zwei Browser, die einen ähnlichen Marktanteil hätten. Und dann schauen wir mal auf zwei Beispiele der „Kooperation“ von Google mit Firefox:

  • Google zahlt für Firefox-Downloads – Nutzer erhalten Geld für Downloads von Firefox mit Google-Toolbar (www.golem.de, 07.11.05)
  • Google-Homepage wirbt für Firefox – Werbung vorerst nur für IE-Nutzer in den USA (www.golem.de[2], 26.04.06)

Jetzt sollten wir einen kurzen Blick in unserem Firefox in die rechte obere Ecke auf die hilfreiche Suchmaske – und speichern ab, dass das dort zu erkennende „G“ das Logo von Google ist (übrigens als Standard).

Danach versuchen wir, uns die Aufregung bei Google vorzustellen, als Amazon sich gegen die weitere Kooperation mit Google und für die künftige Zusammenarbeit mit Microsofts „Windows Live“ entschieden hat (siehe auch www.golem.de[3]). Und wenn man die auf www.spiegel.de nachzulesenden Ãœberlegungen bedenkt, kann man die Besorgnis sogar durchaus verstehen, die bei Google aufkommen mag:

Es gibt Nachrichten, die die Web-Welt nicht verändern, aber trotzdem relevant sind: Dass es Microsoft gelang, Google den Großkunden Amazon abzujagen, gehört einwandfrei dazu.
[…]
Die Marktanteile im Web wird das nicht merklich verändern: Amazons einst mit großem Tamtam angekündigte Web-Suche A9.com ist eine weitgehend unbekannte Minderheiten-Veranstaltung, die in den weltweiten Nutzungsvergleichen der Suchdienste im prozentualen Bereich nicht erfasst wird. Doch der Schritt hat Symbolcharakter: Mit der zu „Windows Live“ unbenannten neuen MSN-Suche probt Microsoft den Aufstand gegen Marktführer Google. Zumindest das Management von Amazon konnten die Redmonder von den Vorteilen ihrer neuen Web-Suche schon einmal überzeugen.

Nebenbei bemerkt: Die zentrale These aus Google Epic 2015 von der Verschmelzung von Google und Amazon zu Googlezon dürfte sich somit erledigt haben…

Und jetzt können wir auch den jüngsten Interventionsversuch von Google beim US-Justizministerium und bei der EU-Kommission besser verstehen, bei denen Google – möglicherweise vom Zorn auf Amazon getrieben – rügt, dass das Sucheingabefeld des wohl noch 2006 kommenden neuen Internet Explorer 7 in der Voreinstellung Microsofts Suche verwendet (siehe auch www.golem.de[4]):

Mayer erklärte der New York Times: „Der Markt braucht freie Auswahl bei der Suche.“ Google finde, „dass Microsoft kein Recht hat, die MSN-Suche per Voreinstellung als Standard festzulegen. Die Nutzer sollten frei entscheiden können“.

Beenden wir nun den Traum von zwei gleichviel vertretenen Browsern, nicht ohne zu begrüßen, was die Unterstützung durch Google für die Verbreitung von Firefox bewirkt hat. Und wir kommen nicht an dem Eindruck vorbei, dass hier – besonders von Google – mit zweierlei Maß gemessen wird. Maßnahmen wie die Voreinstellung einer Suchmaschine in einem Browser sind in Ordnung, sofern dies bei Firefox der Fall ist. Beim Internet Explorer ist dies aber nicht in Ordnung.

Ich weiß nicht, was ich hier lächerlicher finde: Die Tatsache, dass Google eigene „Marketing“-Maßnahmen bei anderen kritisiert oder die Tatsache, gleich bei den höheren Stellen von Wettbewerbsverzerrung zu sprechen.

Hierzu passt dann auch gut der Artikel von Ralf unter www.neun12.de:

Manchmal kommt es mir so vor, als wenn die „führenden Internetdienste“ sich wie Kinder im Sandkasten verhalten. Der hat mir mein Schäufelchen weggenommen, dafür verpetz ich den bei den Großen. Ätschbätsch.

Ebenfalls lesenswert: Der Artikel „Jenseits von gut und böse – Der unheimliche Erfolg von Google “ von Mario Sixtus in der aktuellen c’t-Ausgabe (Auszüge: www.heise.de/ct)

Irgendwie kommt mir abschließend in Anlehnung an Tolkien ein Szenario in den Sinn, bei der auf der einen Seite der Herrscher Sauron den bürgerlichen Vornamen William hat und sich auf der anderen Seite der vormals „gute“ Zauberer SaroomanSaruman schnell als nicht ganz so gut entpuppt, auch wenn er wohl nicht mit Sauron paktiert. Der Ausblick von den jeweiligen Türmen auf die gleiche Sache scheint allerdings sehr unterschiedlich zu sein.

Ob es am Ende wieder die Hobbits richten müssen, bevor sie nach Norwegen zurückkehren können?

(u.a. via www.werbeblogger.de)

Update 13.05.06, 23:32 Uhr:
www.heise.de meldet Neuigkeiten – zum Nachteil von Google:

Das US-Justizministerium entschied nach Angaben von dpa, dass die Suchfunktion in der neuen Version des Internet Explorer rechtens ist. Wettbewerber wie Google hatten kritisiert, dass der Explorer – mit rund 85 Prozent Marktanteil die meistgenutzte Software fürs Websurfen – mit den vorinstallierten Einstellungen auf Microsofts eigene Suchmaschine zurückgreife. Das Ministerium erklärte dazu, die Funktion respektiere die Wahlfreiheit von Nutzern und Computerherstellern und könne leicht verändert werden.

3 Gedanken zu „Google: Die zwei (Aussichts-)Türme (Update)

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  2. Bububoomt

    Nun, beim FF ist aber neben Google auch Yahoo,amazon,ebay und wikipedia drin und mit nur einem Klick änderbar. Beim ie7 soll das erst mit 4 Klicks möglich sein, und wohl nicht jeder schaffen.

    Ja ich bin gegen den ie, gebe ich offen zu, da er für Webdesigner/ersteller, einfach ein horror ist.

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